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Was ich schon immer einmal wissen wollte
(02. 02. 2022, 23:59)dt8.de schrieb: Ganz schnelles Googeln:
https://www.onlineurteile.de/urteil/audi...ersonenzug
Zitat:
Zitat:Vergeblich pochte die Bahn darauf, dass das Andreaskreuz eindeutig die Vorfahrt des Zuges anzeige. Der wartepflichtige Autofahrer habe die Vorfahrt ignoriert und sei zu schnell gefahren. Dem widersprach das OLG: Solange die Schranke geöffnet sei, dürften Autofahrer darauf vertrauen, den Bahnübergang passieren zu können. Am Bahnübergang sei nichts außergewöhnlich gewesen, außer dem beleuchteten Container, in dem der Streckenposten saß.
Hier mit offener Schranke, aber an anderer Stelle auch auf andere Sicherungsanlagen übertragen.

Ich verwende kein Google als Suchmaschine, aber dennoch, die schnelle Suche hat bei mir nichts Passendes ergeben. Das Beispiel ist auch nicht wirklich vergleichbar, wie ich finde, denn da geht es ja hauptsächlich um die offene Schranke. Ich würde es zwar rein von der Rechtslage her ebenfalls so wie die Bahn sehen, denn die StVO sagt eindeutig, bei Andreaskreus gilt halten, bei sich näherndem Zug ODER sich senkende bzw. geschlossene Schranken.

Dass das Gericht in diesem Fall anders geurteilt hat finde ich aber auch nachvollziehbar, denn der Autofahrer sieht ja die offenen Schranken durch ihre weiß-rote reflektierende Markierung. Das ist schon nahe an einem Verkehrszeichen und man kann, denke ich, schon argumentieren, dass offene Schranken ja einen freien Bahnübergang signalisieren. Außerdem ist es nicht standardmäßig Teil der Fahrschulausbildung, wie man sich bei geöffneten Schranken zu verhalten hat. Da lernt man ja auch eher Fahrt.

Was man allerdings in der Fahrschule ganz allgemein bzw. auch allgemeingültig lernt ist der Umgang mit dunklen Signalgebern. Und da gilt eben immer stattdessen die Beschilderung.

Wenn ich allerdings gerade so darüber nachdenke; es gibt ja auch den Fall, dass Signalgeber einen reflektierenden Rahmen drumherum haben. Da könnte ich mir dann auch vorstellen, dass das vor Gericht dann zu einer Entscheidung gegen den Vorrang der Bahn führt. Weil dann auch ein dunkler Signalgeber als Verkehrszeichen erkennbar ist. Aber eigentlich, streng nach Wortlaut in der StVO, hat auch da noch der Schienenverkehr Vorrang, wenn es ein Andreaskreuz gibt.


(02. 02. 2022, 23:59)dt8.de schrieb:
(02. 02. 2022, 19:58)metalhead schrieb: Die Lichtzeichen gehen zwar vor anderen Verkehrszeichen, aber ohne Licht ist es auch kein Lichtzeichen. Eine dunkle Ampel hat somit, solange sie dunkel ist, keine Bedeutung. Sonst würden an Kreuzungen bei Stromausfall ja alle einfach drauflosfahren. Bei dunkler Ampel gelten die sonstigen Verkehrszeichen. Am Bahnübergang also das Andreaskreuz. Und das heißt, die Bahn hat Vorrang.
Ist Dir eigentlich schonmal aufgefallen, dass eine Ampel nur auf der Vorfahrtsstraße aus ist, auf der nicht-vorfahrtberechtigten Straße blinkt sie dagegen gelb und weist auf den Ausfall hin (wenn nicht gerade Stromausfall ist).

Analog auf einen Bahnübergang übertragen: wenn defekt, wird hier ein Blinklicht "erwartet", weil sonst ist der Bahnübergang "wie immer" und somit befahrbar.

Man ist davon ausgegangen, dass die Bahn Vorrang hat, als man solche Signalanlagen mit nur rot und gelb aber ohne grün eingeführt hat. Man wollte, dass dann die Vorfahrt der Bahn gilt.
Aber was der Gesetzgeber mal wollte interessiert Richter heute nicht mehr immer, die urteilen dann anders. Die Aussage "dürfen Autofahrer vertrauen" ist eindeutig. Eine Ampel ohne grünes Licht ist hier eindeutig nicht defekt, weil ja nie ein grünes Licht da ist - sinngemäß.

Gut, wenn die Richter hier anscheinend regelmäßig außerhalb aller Gesetze und Verordnungen urteilen, dann weiß ich auch nicht mehr worauf man sich noch verlassen soll. Wie gesagt, das Beispiel oben kann ich ja noch nachvollziehen. Denn dass eine offene Schranke mit einer Aussage, nämlich freie Fahrt, verknüpft werden könnte, das muss man dem Autofahrer vielleicht zugestehen. Es ist ja auch ein spezieller Fall, der auch nie explizit gelehrt wird. Aber wie man sich bei dunklen Signalen verhalten soll, das lernt man, auf die Situation trifft man häufig und es ist ziemlich eindeutig. Denn ohne Licht ist es eben kein Lichtzeichen. Da verstehe ich dann die Richter nicht.
Aber klar, ich habe da eher aus Sicht des geltenden Rechts argumentiert. Mir war nicht klar, dass man nun als Autofahrer auchnoch Gerichtsurteile wälzen und daraus eine Rechtssprechung ableiten soll, die Gesetze und Verordnungen schlägt.

(02. 02. 2022, 23:59)dt8.de schrieb:
(02. 02. 2022, 19:58)metalhead schrieb: Steht auch eindeutig in der StVO in Paragraph 19. Straßenfahrzeuge halten, wenn sich eine Bahn nähert oder wenn rote, gelbe oder rot blinkende Lichtzeichen gegeben werden (ein paar andere Situationen wie z.b. Signale durch Bahnbedienstete spare ich mal aus). Das Wort grün gibt es in diesem Paragraph genausowenig wie dunkel, ausgeschaltet oder Ähnliches. Im Umkehrschluss heißt das also, gefahren werden darf nur, wenn sich keine Bahn nähert und keines dieser Signale gezeigt wird.
So einfach ist das nicht. Ist keine Signalanlage vorhanden und ein Zug nähert sich, ist es eindeutig.
Ist aber eine Signalanlage vorhanden und ein Zug nähert sich, ohne dass die Signalanlage rot ist, wird sich der Autofahrer darauf berufen, dass ja dann die Bahn wartepflichtig ist, schließlich sei ja für ihn nicht nicht rot. Und bekommt damit noch recht, s.o.

Auf einer Kreuzung darf man auch als Vorfahrtsberechtigter nur einfahren, wenn die Kreuzung frei ist, aber wenn man in ein schon dort  (unberechtigt) stehendes Fahrzeug einfach hineinfährt, hilft einem die Vorfahrt nichts. Eine Vorfahrt bzw. ein Vorrang darf nicht erzwungen werden.

Bei der DB ist das so: die Schaltstellung eines BÜ bekommt der Lokführer angezeigt, und sollte die Anlage nicht eingeschaltet haben ist da auch eine Zugbeeinflussung aktiv, d.h. der Lokführer muss anhalten oder erhält eine Zwangsbremsung.
Dann muss er sich überzeugen, dass der BÜ frei ist und kann dann weiterfahren und sich dabei auch den Vorrang einfordern.
Warum diesen Aufwand treiben, wenn der Zug doch ohnehin Vorrang hat?

Bei BÜ-Unfällen wird immer auf gegen den Lokführer ermittelt und geprüft, ob der Unfall vermeidbar gewesen wäre. Obwohl er Vorrang hatte. Da gab es schon einige unschöne Urteile, weil er laut Gutachten etwas zu spät zu bremsen angefangen hätte.

Ich habe ja nie behauptet, dass die Bahn keine Pflichten hat und einfach auf den BÜ brettern kann. Der Lokführer hat hier ebenfalls das für ihn geltende Recht zu beachten bzw. vorschriftsmäßig zu handeln. Da sind natürlich bestimmte Prozesse definiert, und sicherlich auch die Fahrt mit verminderter Geschwindigkeit vorgesehen etc. Er darf sicherlich auch nicht auf den BÜ fahren, wenn dort gerade Autos fahren oder wenn er eines herannahen sieht. Ist ja logisch. Das ändert aber nichts daran, dass er Vorrang hat.

Auf einer Kreuzung darf man als Vorfahrtsberechtigter natürlich, wie du sagst, nur einfahren, wenn man sich vorher versichert hat, dass das konfliktfrei möglich ist. Die Sorgfaltspflicht ändert aber nichts daran, dass er Vorrang hat.

Den Aufwand den du bei der DB beschreibst treibt man, weil Vorrang eben nicht mit freier Fahrt gleichzusetzen ist. Sondern nur, dass er Vorrang hat, also bevorrechtigt fahren darf. Freie Fahrt bei der Bahn ist ja etwas anders als beim Auto, da i.d.R. zuggesichert gefahren wird während der Autofahrer auf Sicht fährt.

Ich glaube du verstehst mich da gerade generell falsch. Ich rede immer nur vom Vorrang, eben nicht von freier Fahrt. Es geht mir darum, dass wenn sich ein Auto dem BÜ nähert und da steht ein Andreaskreuz. Dann hat der Fahrer zu schauen, ob sich ein Schienenfahrzeug nähert. Und wenn sich das Schienenfahrzeug gerade erst in Bewegung setzt, weil der Lokführer davor schon alle Prozesse vorschriftgemäß durchgeführt hat und gerade erst zur Fahrt ansetzt - möglicherweise ja bevor der den Autofahrer überhaupt gesehen hat - dann hat der Autofaher anzuhalten.
Bei deiner Argumentation, also dunkle Signalgeber entsprechen dem grünen Lichtzeichen; da müsste der Autofahrer bei herannahenden Schienenfahrzeugen grundsätzlich nicht anhalten. Er hat zwar eine Sorgfaltspflicht, aber er darf davon ausgehen, dass das Schienenfahrzeug schon anhalten wird.
Der Lokführer kann sein Schienenfahrzeug aber meist gar nicht so schnell aus der Beschleunigung wieder in den Stillstand bringen. Er würde also, wenn er gerade anfährt unweigerlich in den Fahrweg des PKW geraten. Der Lokführer müsste die Straße über hunderte Meter einsehen können, um festzustellen, dass auch nach seinem Anfahren bis zu einem möglichen Stillstand kein Auto gefährlich nahe kommen kann. Das ist gerade im städtischen Bereich unmöglich, zumal oft noch verschiedene Zufahrt um den eigentlichen Bahnübergang herum exisierten, sodass aus viel mehr als zwei Richtungen Autos kommen könnten.
Beim PKW-Fahrer kann man dagegen nicht davon ausgehen, dass der die Trägheit des Schienenfahrzeuges richtig einschätzen kann. Im schlechtesten Fall entsteht hier also auch dann ein Unfall, wenn sich alle eigentlich korrekt verhalten.

Und aus diesem Grund kann ich mir absolut nicht vorstellen, dass die Gerichte reihenweise abweichend von der StVO entscheiden.

Und nochmal, es geht nur um den Fall mit dunklen Signalgebern und nur um den Vorrang.

Also im Prinzip ist der Unterschied von Vorrang und freier Fahrt im Schienenverkehr noch ein zweiter Punkt, der in dem Rechtsfall in deinem Beispiel nicht passt. Der Bahnbedienstete vor Ort war ja dazu da, die freie Fahrt der Bahn abzusichern. Wäre der Zug an einen defekten BÜ ohne weitere Sicherung(spersonen) gekommen, dann wäre der Prozess ja in Gang gekommen, den du oben beschrieben hast. Also hätte der Zug angehalten, der Lokführer hätte sich entsprechend versichert, dass der BÜ frei ist und wäre dann langsam weitergefahren, sofern er den herannahenden Autofahrer noch nicht gesehen hätte oder es als sicher erachtet hätte, dass der Autofahrer rechtzeitig anhalten kann. Hätte er ihn gesehen, hätte er aber sehr wahrscheinlich noch gewartet. Dann hätte der Autofahrer sogar durchfahren dürfen, weil sich der stehende Zug ja nicht nähert. Wenn der Zug allerdings schon in Bewegung gewesen wäre, hätte der Autofahrer halten müssen, und eben nicht der Zug.

(02. 02. 2022, 23:59)dt8.de schrieb:
(02. 02. 2022, 19:58)metalhead schrieb: Und eigentlich kann es auch nicht anders sein, denn wie soll man nachts ein dunkles "Licht"zeichen erkennen? Da müsste man den Signalgeber ja extra anleuchten, damit man sieht, dass da eigentlich ein Zeichen gegeben werden könnte, wenn es nicht gerade dunkel wäre.
Ortskunde? Und die Unfälle passieren nicht alle bei Nacht.

Und woher soll der Lokführer nachts wissen, ob der Autofahrer ortkundig ist? Das würde ja bedeuten, nachts hätten Ortskundige Vorrang, weil sie wissen, dass es eigentlich Signale gäbe, die man nicht sieht. Nicht-Ortskundige hätten aber keinen Vorrang, weil sie nur das Andreaskreuz sehen, das dem Schienenverkehr Vorrang gewährt. Der Lokführer müsste den Autofahrer erstmal fragen, ob er Ortskundig ist, um zu wissen, ob er selbst Vorrang hat oder nicht.
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