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06. 02. 2022, 00:52
Bin ich auch dafür, zumal die Repliken - mit den immer länger werdenden Zitaten - unübersichtlich und anstrengend zu lesen sind.
Sowas eignet sich eher zum persönlich ausdiskutieren, auch mit mehreren.
"I muaß dui Stroßaboh no kriaga, denn laufa well i nedd..." >> Dr Wolle
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07. 02. 2022, 17:13
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 07. 02. 2022, 17:16 von dt8.de.)
Dann bringe ich zum Abschluss doch noch zwei Stellen mit Referenzen zu Urteilen (die selber wegen des Alters Online nicht zu finden sind):
https://books.google.de/books?id=nfAIEAA...22&f=false
Seite 538:
Zitat:Allgemein kann gesagt werden: Bei Annäherung an einen beschrankten oder durch Lichtzeichen gesicherten Bahnübergang braucht die Geschwindigkeit in der Regel nicht so stark ermäßigt werden wie bei Annäherung an einen nur durch das Andreaskreuz bezeichneten. Denn in letzterem Fall muß der sich nähernde jederzeit mit dem Auftauchen eines Schienenfahrzeugs rechnen, er muss also die Bahnstrecke nach beiden Seiten im Auge behalten, während er bei beschrankten oder mit Lichtzeichen gesichertem Übergang sich im wesentlichen darauf beschränken darf, die Bahnschranke bzw. die Lichtzeichenanlage zu beobachten. Er darf darauf vertrauen, daß sich kein Schienenfahrzeug nähert, solange sich die Schranken nicht senken oder das Lichtzeichen aufleuchtet. Allerdings setzt dies voraus, daß er die Signalanlage sieht 16). Auch wird er in seinem Vertrauen dann nicht geschützt, wenn die Signalanlage erkennbar gestört ist 17).
16) Oldenburg 5.12.61, VRS 23, 150 = Nds-Rpfl. 62, 94
17) BGH 3.2.55, VerkMitt. 55, 53
Dürfte in der aktuellen Auflage auch nicht wesentlich anders drinstehen.
Heidelberger Kommentar:
Zitat:Zur Beobachtung des Bahnkörpers außerhalb des Bahnübergangs ist er (Anm.: der Kfz- Führer) nicht verpflichtet (Celle VRS 17,281) (...). Die bloße Einrichtung einer Sicherungsanlage schafft somit -ohne am generellen Vorrang der Bahn etwas zu ändern- einen Vertrauenstatbestand dahingehend, daß die Anlage in Betrieb ist und daß sie die Annäherung eines Schienenfahrzeugs rechtzeitig anzeigt (BGH GA 58, 51; BayOLG VRS 68, 472, 473 ), daß also umgekehrt beim Ausbleiben des Signals sich kein Schienenfahrzeug nähert.
Aber auch aus gleicher Quelle von einem anderen Gericht und anderer Situation:
Zitat:Ist ein Warnkreuz aufgestellt, so wird dessen Wirkung durch eine Lichtzeichenanlage nur außer Kraft gesetzt, wenn tatsächlich vorrangige Lichtzeichen (§ 37 Abs. 1) gegeben werden, nicht aber, solange bei einer Farbfolge gelb- rot kein Signal aufleuchtet (§ 37 Abs. 3). Diese Phase kann nicht mit dem Aufleuchten von Grünlicht gleichgesetzt werden (Bay OLG VRS 48 270)
Soll heißen: nicht wie grün, aber wenn es sonst keine Anhaltspunkte gibt, ist nicht mit einem Zug zu rechnen.
Also vergleichbar dem unbeleuchteten Radfahrer, der nachts aus einer Vorfahrtstraße kommt.
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Zur eigendlichen Fragestellung (kann ein Straßenverkehrsteilnehmer eine BÜ Störung erkennen) kann man aber auch sagen, dass in Europa einige BÜs das funktionieren mit einen weißen Blinklicht anzeigen, hier mal ein paar Beispiele:
Schweden:
https://youtu.be/QkxfHWeSI8Y
Tschechien:
https://youtu.be/ugEVNCokKmo
Belgien:
https://youtu.be/nI5MimoOQrI
Ungarn:
https://youtu.be/Eck6LlcMfxM
Ob das in den jeweiligen Ländern publik ist, ist eine andere Frage.
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07. 02. 2022, 22:52
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 07. 02. 2022, 22:53 von metalhead.)
(07. 02. 2022, 17:13)dt8.de schrieb: [...]
Ahja spannend, vielen Dank für die Recherche! Das war das, was mich interessiert hatte. Das sind ja zugegebenermaßen schon vergleichbare Fälle bzw. Urteilsbegründungen. Und für mich sehr überraschend. Denn dass tatsächlich so geurteilt wird, hätte ich tatsächlich nicht erwartet.
Wenn man mich nach meiner Meinung fragt, finde ich es nicht richtig, so zu urteilen. Gerichte sollen ja Recht sprechen, Fälle in den gesetzlichen Kontext einbetten und unklare Rechtssituationen zur Klarheit bringen bzw. Entscheidungen darüber treffen. Aber sie sollten nicht unnötigerweise entgegen dem gelenden Recht entscheiden, nur weil man damit jemanden schützen will, der nicht genau genug informiert ist. Ich habe mal gelernt, Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Und auf was soll man sich bei so einer Rechtssprechung denn noch verlassen? Nunja vor Gericht und auf hoher See...
Nichtsdestotrotz muss ich eingestehen, die Rechtssprechung falsch eingeschätzt zu haben. Da hätte ich wirklich einen neutraleren Standpunkt erwartet. So macht es den Eindruck, als dürfe man den armen Autofahrern bloß nicht zu viel zumuten.
Andererseits fühle ich mich auch ein wenig bestätigt, denn dass ein dunkles Signal mit dem Grünlicht gleichgesetzt wird, finden ja auch die Gerichte falsch (zumindest bei diesen Beispielen, wer weiß was es sonst noch so für Urteile gibt ;-) )
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(07. 02. 2022, 22:52)metalhead schrieb: Wenn man mich nach meiner Meinung fragt, finde ich es nicht richtig, so zu urteilen. Das sehe ich teilweise (aber nur teilweise!) ähnlich, aber es ändert nichts daran. Ich habe hoffentlich auch deutlich gemacht, dass ich diese Sichtweise nicht für unbedingt richtig halte, aber dass so geurteilt wird, ist nunmal so.
Zum Beispiel in dem Punkt, wenn die Bahn sich am BÜ falsch verhält, z.B. ein Haltsignal überfährt, bin ich allerdings anderer Meinung als du und schließe mich da der Rechtsprechung an, ebenso darin, dass die Bahn nicht alleine durch Annäherung, sondern nur durch "Einforderung" ihren Vorrang erhält.
(07. 02. 2022, 22:52)metalhead schrieb: Gerichte sollen ja Recht sprechen, Fälle in den gesetzlichen Kontext einbetten und unklare Rechtssituationen zur Klarheit bringen bzw. Entscheidungen darüber treffen. Aber sie sollten nicht unnötigerweise entgegen dem geltenden Recht entscheiden Das tun sie nicht. In dem ersten Link sind einige Dinge sehr ausführlich erläutert, wenn man sich die Zeit zum Lesen nimmt. Und es entspricht ungefähr dem was ich geschrieben habe, d.h. sobald die Bahn erkennbar den Vorrang einfordert, hat sie ihn auch. Wichtig ist das erkennbare. Insofern ist das nicht entgegen geltendem Recht. Da wird sogar auf die internationalen Gepflogenheiten eingegangen (zu denen es tatsächlich internationale Verträge gibt - wusste ich bis vorhin auch nicht), und warum die deutsche Formulierung der StVO nicht diesen Regelungen widerspricht, obwohl es dem Wortlaut nach zunächst widersprüchlich klingt.
(07. 02. 2022, 22:52)metalhead schrieb: Nichtsdestotrotz muss ich eingestehen, die Rechtssprechung falsch eingeschätzt zu haben. Da hätte ich wirklich einen neutraleren Standpunkt erwartet. So macht es den Eindruck, als dürfe man den armen Autofahrern bloß nicht zu viel zumuten. Neutralität ist so eine Sache. Ich habe Deinen Standpunkt nicht unbedingt als neutral empfunden, da Du bei der Bahn keinerlei Pflichten sehen wolltest und deren Recht als absolut gesehen hat, "egal was ist". Für mich ist Neutral eher das, dass auch die Bahn gewisse Pflichten hat. Denn Dein Standpunkt würde dazu führen, dass die Bahn keinerlei Anlass hätte, für die Funktionsfähigkeit ihrer Anlagen zu sorgen und der Autofahrer, in dessen Verantwortung ja die Anlage nicht liegt, keine Mittel hätte, daran etwas zu verändern.
(07. 02. 2022, 22:52)metalhead schrieb: Andererseits fühle ich mich auch ein wenig bestätigt, denn dass ein dunkles Signal mit dem Grünlicht gleichgesetzt wird, finden ja auch die Gerichte falsch (zumindest bei diesen Beispielen, wer weiß was es sonst noch so für Urteile gibt ;-) ) Na ja: das heißt ja nur, dass der Autofahrer die Geschwindigkeit verringern und auf Signale achten muss. Wenn ein Zug pfeifend angefahren kommt, muss der Autofahrer anhalten; bei einer grünen Ampel müsste er das nicht. Mehr "Unterschied" ist das nicht, und das habe ich ja ständig so geschrieben.
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08. 02. 2022, 01:28
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 08. 02. 2022, 01:34 von metalhead.)
Ich bin nun doch so langsam ratlos. Ich habe doch nie geschrieben, dass die Bahn keine Pflichten hat. Mein Punkt ist einzig der Vorrang durch das Andreaskreuz. Ein Fußgänger hat am Zebrastreifen doch auch Vorrang und trotzdem die Pflicht, nach links und rechts zu schauen und durch seine Positionierung den Querungswunsch für Autofahrer erkennbar zu machen.
Ich halt der Meinung, dass ein Herannahen des Zuges erkennbar genug ist. Und so steht es ja eigentlich auch geschrieben, Gerichte hin oder her. Ich erkenne aber an, dass Gerichte offensichtlich anderer Meinung sind.
Und ich sage ja auch nicht, dass ein Zug mit 160 km/h daherbrettern darf. Natürlich hat er Vorschriften zum Verhalten in der Situation und soll die auch haben und einhalten. Der Prozess muss in jeder Hinsicht bestmöglich abgesichert sein, ganz klar. Folglich hat die Bahn auch ein Interesse an funktionierenden Anlagen, sie will ja nicht an jedem BÜ z.B. anhalten und sich langsam auf Sicht vortasten, wenn wir das mal als Prozess annehmen.
Ich habe immer so das Szenario im Kopf, dass es einen innerstädtischen BÜ an einer Eisenbahnstrecke geben könnten mit Andreaskreuz und ausgefallener Signalanlage. Ein schwerer Güterzug kommt und bremst erstmal zum Stillstand, 20 m vor dem BÜ. Was macht er? Warten bis ein Bahnbediensteter von irgendwoher verfährt? Oder kann er den BÜ dennoch befahren?
Um ihn zu befahren, würde er doch ein Pfeifsignal geben, schauen ob irgendwo ein Straßenfahrzeug ist, Bremse lösen und den Zug in Bewegung setzen. Nachdem der Zug gerade so angefahren ist, also schon einige Sekunden nach dem Pfiff, kommt ein Auto um eine Häuserecke, dessen Fahrer den Pfiff nicht gehört hat oder gedacht hat, das kommt woanders her. Er fährt auf den BÜ zu, dessen Signale dunkel sind. Er sieht einen langsam sich nähernden Zug. Da er kein Rot- oder Gelbsignal hat, geht er davon aus, dass der Zug noch anhalten wird und zieht durch. Der Lokführer erkennt das und bremst sofort. Allerdings erreicht er gerade schon den BÜ, fährt bereits 5 km/h und braucht 20 m zum Bremsen. Er fährt unweigerlich auf den BÜ und kracht in das Auto.
Da hätten ja alle richtig gehandelt, wer ist also Schuld? Die Straßenverkehrsordnung schafft hier durch den absoluten Vorrang immer eine sichere Situation. Das hat für den Autofahrer natürlich die Konsequenz, dass er immer bei dunklem Signal auf die Bahn achten muss, ja. Aber für Menschenleben ist es das meiner Meinung nach eben wert. Und deshalb finde ich es ein Unding, dass Richter das für Autofahrer aufweichen. Ja, das finde ich nicht neutral.
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08. 02. 2022, 09:19
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 08. 02. 2022, 09:23 von luchs.)
Ja genau so ist es: Anhalten direkt am BÜ, Pfeifen, Vergewissern, weiter fahren - kleiner Tipp - als Lockführer darf man durchaus nochmal pfeifen / klingeln. Und wenn es so wie beschrieben passiert - wird der Richter sicher nicht die Schuld des Autofahrers absprechen. Das ein Auto einige Meter mit geschliffen wird ist ja noch vergleichsweise harmlos und kommt gerade im Straßenbahnbereich jedes Jahr duzentfach vor.
Dachte nicht, dass ich wegen meiner falschen Interpretation vor 20 Beiträgen solch eine Diskussion auslöse, aber jetzt ist ja jedem die Einfachheit der Rechtslage und Komplexität der Rechtsprechung klar.
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Ich habe dieser Tage eine Betriebsfahrt an der Hohensteinstraße Fahrtrichtung stadtauswärts gesehen, ein Solo DT8 mit der Kursnummer 88-12. Nur der Fahrer im Zug. Was macht eine derartige Betriebsfahrt? Probefahrt nach einer Reparatur?
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Das war vermutlich eine Überführungsfahrt vom Betriebshof Heslach zur Hauptwerkstatt oder umgekehrt. Wegen der Streckensperrung in Vaihingen müssen solche Fahrten einen sehr langen Umweg quer durch die Stadt nehmen:
Heslach - Tallängslinie - Wilhelma - Pragsattel - Kelterplatz (Richtungswechsel) - Talquerlinie - Möhringen.
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Wow, das ist ja ganz schönes Sightseeing was man da machen muss. Danke für die Erklärung.
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