(30. 03. 2014, 16:31)A streetcar named desire schrieb: (28. 03. 2014, 16:52)hopperpl schrieb: Und weil beim ÖPNV bis jetzt immer galt, "Behinderte, nein danke!"
Kannst Du das präzisieren? Den Eindruck habe ich nämlich überhaupt nicht, im Gegenteil, mit Niederflurbussen, Blindenleitlinien, Hochbahnsteigen, barrierefreien S-Bahnsteigen, Rollstuhlrampen in Bus und S-Bahn, ... fallen mir unzählige Neuerungen ein die alle in den letzten 20 Jahren Einzug gehalten haben bzw. deren Verbreitung rasant angestiegen ist. Von daher weiß ich ehrlich nichtso recht worauf die mit dieser Aussage raus möchtest.
Ja, in den letzten 10 Jahren. Und bei dem einen oder anderen Verkehrsunternehmen vielleicht noch 5-10 Jahre länger. Jetzt und heute sieht die Sache anders aus, jetzt wird gehandelt, jetzt muss auch gehandelt werden. Bis 2022 mit sehr hohen Kosten.
- Hochflurbusse
- Einstiegsstufen beim DT8 an Tiefbahnsteigen
- Maybachstraße, Bopser, V-Viadukt, ...
sind Beispiele, wie früher gebaut wurde. Niederflurfahrzeuge sind Neuentwicklungen, die gab es bis Ende der 80er Jahre nicht. Technisch hätte man sie aber auch 20 Jahre früher entwickeln können, gesellschaftlich bis Mitte/Ende der 70er Jahre bestand dazu keine Notwendigkeit.
Ohne das neue Beförderungsgesetz und ohne den Zeitzwang 2022 würde man jetzt all die teuren Umbaumaßnahmen nicht durchführen. Beispielsweise würden weder Maybachstraße noch Türlenstraße (Stadtbibliothek) Aufzüge bekommen. Wobei man genauso sagen muss, ohne den gesetzliche Zwang gäbe es weniger Gelder bei Baumaßnahmen um diese barrierefrei zu bauen, weil dann genau wieder gestrichen würde als unnötige Maßnahme.
Es gibt genauso völlig merkwürdige Auswucherungen des ganzen: Siehe Rampenzugang Milchhof bei der Arbeitsagentur. Beim Nordzugang der Haltestelle. TBA mußte, hat, und fertig. Links der Straße an der Haltestelle eine Treppe, rechts der Straße neben der Arbeitagentur eine Rampe. Ähnliches Riethmüllerhaus, Nordzugang. Die Zugangsanlage dort ist völlig übertrieben.
Andererseits auch völlige Fehlkonzepte: Z.B. Föhrich. Die langgezogene Rampe ist viel zu steil, mit einem Rollstuhl kommt man dort nicht hoch. Löwenmarkt ähnlich. Oder, vor 3 Monate kam man endlich auf die Lösung, Normal/Kurzzüge an Charlottenplatz (-> Olgaeck) weiter hinten halten zu lassen um den Spalt von fast 20cm durch die Kurve an der ersten Tür zu verhindern. (Gab Problem mit der Signalanlage und der Umsetzung).
Verkehrsunternehmen waren nie behindertenfreundlich, aber sie werden es jetzt. Und das ist ein sehr mühseliger und langsamer Wechsel. Das fängt mit solchen Kleinigkeiten an: Wenn seheingeschränkte Personen (wirklich leicht zu erkennen) einen Bus betreten, hat sich der Fahrer UNVERZÜGLICH mit Liniennummer und Richtung zu identifizieren. "Hallo, die Linie 81 nach Büsnau". Man kann nicht zu Abmahnungen ständig greifen, um das als festgelegten Arbeitsvorgang durchzusetzen. Sehr viele Busfahrer identifizieren sich bereits, direkt aus dem Herzen. Und machen das auch schon seit 40 Jahren, lange, lange bevor es die Arbeitsanweisung gab. Aber nicht alle, und dieses Problem muss angegangen werden.
Genauso gibt es auch positive Entwicklungen. Projektplaner der SSB und des TBA im Rollstuhl. Quälen sich im Selbstversuch diverse Rampen hoch und runter, um die ideale Rampe zu ermitteln. Aber das ist 2012, und der Großteil wurde vorher gebaut. Der Lernprozess ist langwierig, die Umbauten dazu sind zudem sehr teuer. Und sie sind deswegen heute nötig, weil man früher beim Bau "Behinderte" ignoriert oder außen vor gelassen hat.
Auch beim S-DT8.12 wurde viel Zeit investiert, um diese "Behinderten"-tauglich zu machen. Beispielsweise der Einstiegsbereich ist breiter, der Mehrzweckbereich bietet mehr Platz bzw. mehr Stellfläche um aus der Kernzone der Fahrgäste auszuweichen. Oder der Türöffner für Rollstuhlfahrer, der die automatische Türschließung deaktiviert. Bei den vorherigen Wagen muss der Fahrer dies übernehmen und bei Sicht von Rollstuhlfahrern von "Tür frei" auf "Tür auf" wechseln. Diese DT8.12-Funktion wird übrigens bei den anderen Wagen nachgerüstet.