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(26. 03. 2016, 13:21)A streetcar named desire schrieb: Den großen Nutzen der innerstädtischen Trassenführung hat man allerdings schon aufgegeben, als man die an der Strecke liegenden Haltepunkte aufgegeben hat. Aus meiner Sicht eine Politik-typische, unbedachte Kurzschlußhandlung, die der damaligen (späte 1970er / frühe 1980er) Gegenwartsrealität geschuldet war (vulgo ein "Schwabenstreich"). Die Stammstrecke (mit ihren neuen Haltestellen, die vor allem den Westbahnhof erübrigen sollten, Heslach und Wildpark wurde ja schon längere Zeit vorher keine Zukunft mehr zugetraut) war im Bau bzw. gerade fertig geworden, und man dachte eben damals, sie würde auf lange Zeit mehr als ausreichen, und ein S-Bahnverkehr auf der Panoramastrecke war aus dem gleichen Grund weder grundsätzlich geplant noch auf absehbare Zeit überhaupt für erwägenswert gehalten. Trotzdem wollte man damals (noch) nicht der Panoramabahn direkt an den Kragen, sondern lediglich eine saubere Trennung zwischen Fern- / Regional- und S-Bahnverkehr, wie sie eben eigentlich nur bei der (nur ganz selten überhaupt realistischen) Errichtung einer parallel verlaufenden Neubaustrecke möglich ist und deshalb an anderen Stellen im Stuttgarter Netz auch kaum wirklich gelungen ist.
Klar, aus heutiger Sicht ist eine solche politische Kurzsichtigkeit natürlich extrem ärgerlich. Ärgerlich in politischem Sinne wäre auf jeden Fall auch die Notwendigkeit, überhaupt Mittel aufbringen zu müssen, nur um diesen Fehler von vor 30-40 Jahren wieder auszubügeln, selbst wenn das Ausmaß dieser Mittel (damit soll zusammenfassend Geld- Planungs- Bau- und Betriebsaufwand gemeint sein), wie bereits geschrieben, wohl überschaubar wäre. Hinzu käme die ebenso weitverbreitende wie leidige Angst vor einem Gesichtsverlust (wie sähe das denn aus, wenn man erst so und nur eine Generation später wieder anders entschiede...? Wo bliebe da die politische Glaubwürdigkeit...?) Deshalb haben (auch das ist wieder meine persönliche Sicht) alle Wiederherstellungs-, Rückgängigmachungs- oder Reaktivierungsvorhaben in der Politik grundsätzlich einen extrem schweren Stand. Die Schiene sowieso außerdem, das ist zwar ein anderes Thema, kommt hier aber noch erschwerend hinzu. Das alles führt dann mit dazu, daß beim Thema Zukunft der Panoramabahn scheinbar gar nichts voran kommt und der VRS beim Thema Nordkreuz, daß ja ein Schlüssel zu einer sinnvollen S-Bahn-Umnutzung der Strecke sein könnte, offenbar inzwischen Angst vor der eigenen Courage bekommen hat und die in der Schublade schlummernden Pläne dafür anscheinend am liebsten wieder in Vergessenheit geraten lassen würde.
(26. 03. 2016, 11:54)Micha schrieb: Wie kann man überhaupt auf die Idee kommen, eine quasi innerstädtische Schienenstrecke stillzulegen ? Man kann durchaus. Hier kann ich zufällig aus erster Hand aus dem Lager der hier vor langer Zeit mal dominierenden Parteien in den Landes- und Stadtfarben berichten:
Vorab muß uns natürlich klar sein, welche Haltung zum Schienenverkehr man diesen Parteien gemeinhin nachsagt. Oder Anekdoten wie diese hier: eine Gruppe gestandener Funktionäre der Partei mit dem C im erwartbaren Durchschnittsalter fährt im ICE auf Abgeordnetenreise von Esslingen nach Berlin. Erst fallen Sätze wie: "Wahnsinn, so eine Zugfahrt!" - "Das erste Mal, daß ich in so einem Ding drinsitze..." und dann in TS: "Wie jetzt, was jetzt, geht's schon wieder nach Hause?", als sie offenbar zum ersten Mal in ihrem Leben einen Zug (also dieses lange Zeugs, das bei Übergängen immer den Autoverkehr so idiotisch ausbremst) beim Kopfmachen ("nein, das ist keine Hinrichtungsmethode, sondern im Bahnwesen ein durchaus normaler Vorgang!") erlebt haben.
Also zurück zur Sache: So eine Partei hat nun den genialen Einfall, den Anwohnern auf der westlichen Stuttgarter Halbhöhenlage, die zufällig genau zur Wählerklientel gehört, zu versprechen, daß es in absehbarer Zeit mit dem nervigen Eisenbahnlärm und den die Sicht verschandelnden Gleisen direkt vor ihrer Haustür ein Ende haben wird. Wie gesagt, soweit aus erster Hand von mehreren damaligen "Funktionären", die heute gestandene MdB's oder Bürgermeister in der Region sind.
Im gleichen Atemzug kann man natürlich auf den Gedanken kommen, einem anderem Teil der Wählerklientel, die dort noch keine Anwohner sind, zu versprechen, daß in bester Halbhöhenlage in absehbarer Zeit attraktive, lukrative und vor allem ruhige Baugrundstücke zur Verfügung stehen werden. Das freut dann zusätzlich die Immobilienwirtschaft und somit das Finanzwesen, die Bauwirtschaft, die Stadtplaner... Also noch mehr Klientel bedient, noch mehr Wählerstimmen, außerdem womöglich gesteigerte Parteispenden. Synergieeffekte ohne Ende, Win-Win, Hip-Hip-Hurra. Der Rest ist S21-Geschichte, siehe auch mein nächster Beitrag.
Schon sind wir bei der Idee, eine innerstädtische Bahnstrecke stillzulegen. Man betrachte sie einfach nicht als Bahnstrecke, sondern als gut vermarktbares und somit unbedingt freizuräumendes Baugrundstück - bis vor einigen Jahren sogar ganz offiziell als "Planungsabschnitt D" publiziert.
Diese Denke mag uns Foristen zwar vielleicht völlig fremd und auch zuwider sein, aber so muß man wohl tatsächlich an die Frage herangehen, wie man auf so eine Idee kommen kann, eine innerstädtische und theoretisch vielfältig nutzbare Bahnstrecke stillzulegen, die man in heutiger Zeit sicher nicht mehr neu gebaut bekäme, sei es wegen diverser Auflagen, Finanzierung, Wutbürgern oder was auch immer.
...im Übrigen bin ich der Meinung, daß die U15 in die Nordbahnhof- und Friedhofstraße gehört! (frei nach Marcus Porcius Cato d.Ä.)
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Achtung: mein folgender Beitrag ist rein spekulativ und sicher auch nicht frei von Ironie oder Sarkasmus. Für die allermeisten Behauptungen habe ich auch keine Belege, es sind nur Vermutungen oder Folgerungen meinerseits.
Ich könnte ja gegenüber meinem vorigen Beitrag noch einen Schritt weitergehen und behaupten, an diesem einstigen Klientelversprechen, die Gäubahntrasse freizumachen, hängen etliche Politiker und sonstige verantwortliche Tiefbahnhofsbefürworter noch heute. Wen kümmert es, daß im Regionalplan die Strecke auch künftig als Schienenweg vorgesehen ist, oder daß Pläne für eine Nordkreuzlösung in der Schublade schlummern? Das ließe sich immer noch in die Kategorie "kommt eh nicht", "ist zu teuer / technisch nicht machbar" einordnen, der Regionalplan bei einer der nächsten Fortschreibungen entsprechend abändern. Auch die Stadt hat die Gäubahntrasse sicher nicht gekauft, um in aller Zukunft Bahnverkehr darauf zu dulden und nie etwas anderes, womöglich lukrativeres damit anzustellen. Macht aber auch nichts, das läßt sich ja je nach Lage der Dinge oder der öffentlichen Stimmung so oder so darstellen. Nur - um die Gäubahn freizubekommen, braucht man S21, und um S21 durchzusetzen und wenigstens den Anschein eines eisenbahnverkehrlichen Nutzens zu geben, braucht man die Neubaustrecke nach Ulm, eigentlich ein völlig vom Hauptbahnhof unabhängiges Projekt, bei dem es aber bis dahin niemand sonderlich eilig hatte, es voranzutreiben - außer vielleicht dem Land und den Erfindern der inzwischen als Märchen entlarvten "Magistrale". Nun wurde sie aber plötzlich als unabdingbarer Katalysator für das eigentlich wahnwitzige und unwirtschaftliche, aber prestigeträchtige S21 gebraucht - und schon war das umfassende und unaufteilbar-zusammenhängende "Bahnprojekt Stuttgart - Ulm" geboren. Der Rest ist einfache Propaganda: wenn das eine ohne das andere nicht funktioniert, dann selbstverständlich auch nicht das andere ohne das eine.
Im Klartext: Keine NBS ohne S21, ein Erhalt der Gäubahntrasse geht sowieso und überhaupt nicht und würde S21 in den Grundfesten erschüttern / grundsätzlich in Frage stellen (mehrfach in der Presse wiedergegebenes, angebliches Originalzitat der S21-Befürworterseite aus dem Filderdialog-Vorlauf), und ohne die Führung der Gäubahn über den Flughafen wäre S21 ein völlig anderes Projekt (stimmt zwar auch unabhängig von meiner These, geht aber in die gleiche Richtung).
Werft mir ruhig in bester DSO-Manier so viele "*Verschwör*s" an den Kopf, wie Ihr wollt, damit kann ich leben. Es ist nur ein Versuch, mir selbst zu erklären, warum manche Aussagen eben so gefallen sind, oder warum sich offenbar alle Verantwortlichen gerade bei der Panoramabahn und ihrer Anbindung an S21 gar so schwer zu tun scheinen oder sich glatt weigern, dort überhaupt in eine konkrete Planung einzusteigen (auch bei der Diskussion um das Rosensteinviertel und die künftige Nutzung der C-Grundstücke wäre das ja elementar wichtig, das D-Grundstück existiert ja inzwischen auch offiziell nicht mehr) und sich stattdessen hinter offensichtlich völlig unverbindlichen Schlichtersprüchen verstecken und Entscheidungen ewig vor sich herschieben, am besten bis weit hinter die Fertigstellung des Tiefbahnhofs (und natürlich die erfolgreiche Abwicklung der Grundstücke).
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 27. 03. 2016, 23:38 von Micha.)
Das hat nix mit VT zu tun. Ich kann Dir in allen Punkten beipflichten. Und ja: ich gehe davon aus, dass nicht wenige Entscheidungsträger jahrelang keinen Zug mehr von innen gesehen haben.
Bin der Meinung, dass die sog. Panoramastrecke 'das Pech' hat, nun überflüssig sein zu 'müssen'.
Schade, denn wie Du weisst, gab es ja bis in die 50er- tlw. sogar noch Anfang 60er Jahre sogar Direktverbindungen (!) von Dettenhausen/Schönaich, Waldenbuch und Neuhausen/F., via Westbhf.
Zumindest Dettenhausen wäre heutzutage wieder interessant für eine Durchbindung...
Iimmerhin' heisst die SSB-Haltestelle nach wie vor 'Westbhf.', obwohl das (nicht nur) einen Auswärtigen irritieren könnte.
Dass die ersten Pläne, der urspr. 'V-Bahn' genannten neuen Trasse aber auch aus den frühen 60er Jahren stammen, verwundert schon ein wenig.
Denn: das zweite, neu errichtete, Bahnhofsgebäude wurde ja bekanntlich erst 1960 (!) eingeweiht (um nach schon 25 Jahren seine Bestimmung endgültig zu verlieren).
Was mich am Ganzen u.a. ärgert ist, dass die Bahn (AG) sich solche Grundstücke, die ursprünglich kostenfrei von der Stadt überlassen wurden (wohlweislich für das Allgemeinwohl nämlich einem Verkehrszweck - hier bereits im 19. Jhdt.), quasi vergolden lässt.
Ergo: mit Gewerbe- u./o Bürokomplexen zugebaut werden.
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Danke WN 26 für die beiden Beiträge. Habe mehrmals schallend gelacht!
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Ich bin ja mal gespannt, ob überhaupt (s. Artikel) und wenn ja, was Herr Arnold heute Abend auf der Veranstaltung des bisherigen Landes-Junior-Koalitionspartners dazu noch sagen wird. Merkwürdig finde ich allerdings, daß er laut Artikel, dem in der Printausgabe noch eine weitere Grafik angefügt ist, Haltestellen sowohl am Westbahnhof als auch am Herderplatz für möglich hält. Da wäre der Abstand selbst schon für Stadtbahn- und wohl erst recht für S-Bahnverhältnisse doch extrem kurz. Die Attraktivität des Umsteigeknotens Herderplatz würde außerdem durch den großen Höhenunterschied (hier ginge nichts ohne eine ebenso teure wie gigantische, womöglich schräg anzulegende Aufzugsanlage) erheblich eingeschränkt, deshalb halte ich Westbahnhof mit seiner heute geradezu überdimensionierten Busanbindung und den teils noch vorhandenen Bahnsteigkanten in gerader Lage doch für die bessere Wahl. Dafür erwähnt er mit keinem Ton die ebenfalls schon oft kolportierten Haltemöglichkeiten am Dachswald und an Lenzhalde oder Relenberg, gar nicht zu reden von Wildpark oder Heslach.
Bezeichnend sind auch die im Artikel erwähnten Aussagen des amtierenden Regionalprädidenten und vormaligen Landtagsabgeordneten der C-Partei zum Erhalt oberirdischer Gleise und zu seinem Kenntnisstand über die Ideen und Pläne zu weiteren Haltestellen auf der Panoramastrecke. Da scheint er ja bedauerlich schlecht informiert zu sein. Selbst sein eigener Parteinachwuchs war da, nicht zuletzt unter Berufung auf seinen ebenfalls eigenen Regionalverband und dessen Gedankenspiele zum Nordkreuz, vor Jahren schon einmal weiter: --> Mitgliedermagazin der Jungen Union Kreis Esslingen (ab Seite 6).
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 07. 04. 2016, 17:36 von Micha.)
Wie kommt es, dass sich Arnold nun den Kopf über die S-Bahn der DB zerbricht und seit wann ist denn die SSB dafür zuständig ?
Und noch was dazu hier:
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt...6cd53.html
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 08. 04. 2016, 11:22 von Mario.)
(07. 04. 2016, 17:26)Micha schrieb: Wie kommt es, dass sich Arnold nun den Kopf über die S-Bahn der DB zerbricht und seit wann ist denn die SSB dafür zuständig ? Das habe ich mich auch gefragt. Vielleicht hat die SSB am Projekt S2 Neuhausen Gefallen gefunden und verdient möglichweise auch daran und die Panoramatrasse gehört ja der Stadt Stuttgart und die könnte als Eigentümerin der SSB dieser dann den Auftrag zum Bau der Haltepunkte bzw. Knotenpunkte erteilen. Außerdem ist Arnold auch Vorsitzender der Landesgruppe Baden-Württemberg des VDV und hat dort seine Hausaufgaben zu machen.
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Die 'Gäubahn' scheint interessant zu sein - und nochmals in:
http://www.stuttgarter-nachrichten.de/in...0bc6b.html
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18. 04. 2016, 07:51 von Mario.)
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