Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Eine katastrophale Nachtbusfahrt
#21
(17. 01. 2009, 13:34)DasBa schrieb:
(17. 01. 2009, 11:14)Nahverkehr-RT schrieb: Im Gegensatz zu Pkw's ist bei Nutzfahrzeugen (oft) auch die Sommerberereifung mit gröberem Profil ausgestattet. Daher ist die Frage vom User 7363 berechtigt wie ein Streifenhörnchen die "Winterreifen" (wir haben ja gelernt, die StVO kennt nur angepasste Bereifung und keine Sommer- und Winterreifen) erkennen will?
Pkw-Winterreifen erkennt man an den dünnen Lamellen auf den erhabenen Teilen des Profils, ist das bei Winterreifen für Nutzfahrzeuge anders? Das Profil an sich ist jedenfalls bei Winter- und Sommerreifen fast gleich tief, aber die Lamellen sind ein sicheres Unterscheidungsmerkmal.
Und wenn man bei Schnee mit Somerreifen als angepasster Bereifung daherkommt, "weil die Straßen je meistens geräumt sind", dürfte das in der Regel bei der Polizei (und der Versicherung, das kann ja u.U. wesentlich interessanter sein) nur ein müdes Lächeln erzeugen.




Also, dann verabschiedet euch mal ganz schnell von dem Wort "Pkw". Wie der Kollege "Nahverkehr_RT" schon schrieb gibts hier User, die tiefer in der Materie drinstecken. Nur schade, dass das nicht akzeptiert wird, sondern alles aufwändig mit viel tipperei noch gerechtfertigt werden muss.

Es gibt da einen kleinen Unterschied zwischen einem Pkw- und einen Nutzfahrzeugreifen - und das ist die Traglast. So ein Nutzfahrzeugreifen (im 4er-Pack) muss auch mal 'ne Achslast von 11 Tonnen aufnehmen können. Bezogen auf einen O 405 G liegt die zulässige Achslast der VA bei 5600kg (macht 2800kg pro Rad), MA 9400kg (also 2350kg pro Rad) und HA 10000kg (also 2500kg pro Rad). Bei einem durchschnittlichen Pkw dürfte die erforderliche Radlast kaum 600-700kg überschreiten.

Es dürfte also sicher unstrittig sein, dass an einen Nutzfahrzeugreifen ganz anderen Anforderungen gestellt werden als an einen Pkw-Reifen. Und daher sind diese beiden Bereiche mal ÜBERHAUPT NICHT vergleichbar.

Fakt ist, dass es bei Nutzfahrzeugreifen keine Sommer oder Winterreifen gibt ! Es gibt höchstens Reifen, die aufgrund ihres Profils besser oder schlechter für bestimmte Einsatzgebiete geeignet sind.

Der große Unterschied beim Pkw zwischen Sommer- und Winterreifen ist die Gummimischung. Hier spricht man ja auch gerne von der "7-Grad-Grenze", unter der Sommerreifen angeblich deutlich schlechtere Fahreigenschaften haben sollen. Natürlich gibts da auch einen Unterschied im Profil, den Winterreifen haben üblicherweise Querlamellen, die Sommerreifen oft nicht haben.

Beim Nutzfahrzeug gibt es diesen Unterschied in der Gummimischung nicht, denn mit Mischungen, wie sie auf Pkw gefahren werden würde ein Nutzfahrzeug aufgrund der deutlich höheren Anforderungen garnicht funktionieren. Es gibt also bei den Herstellern in der Regel (Ausnahmen für Spezialanforderungen gibts natürlich immer) keine Unterscheidung hinsichtlich der Gummimischung. Der große Unterschied kommt hier einzig und alleine über das Profil. Der Gesetzgeber fordert aber nicht zwingend eine M+S-Kennzeichnung oder eine Schneeflocke als Markierung, sondern wie schon mehrfach geschrieben nur "geeignete Bereifung". Es ist für einen ungeschulten Polizisten also weitgehend unmöglich festzustellen, ob dieser Reifen mit den dünnen Querrillen nun geeignet ist oder nicht. Das wird wohl nur ein Gutachter rausfinden können, nachdem was passiert ist.

Bei Continental gibt es eine Reifenserie, die nennt sich "Skandinavia" und das sind reinrassige Winterreifen. Aber wie der Name schon sagt sind die speziell für den skandinavischen Markt produziert. Sicher mag so ein Reifen auch im Schwarzwald oder Allgäu von Vorteil sein, aber das Hauptgeschäft macht Conti in Deutschland mit anderen ("normalen") Reifen. Auch andere Hersteller haben solche Reifen im Angebot, die aber als Spezialisten fürs Extrene gelten sollten. Denn man muss auch davon ausgehen, dass ein toller Schnee- oder Eisreifen auf trockenen oder nassen Fahrbahnen wieder deutliche Nachteile haben kann. Und wenn man überlegt, wie oft wir hier extremen Schnee haben brauchts da 'nen Kompromiss. Was nützt mir für 10 Schneetage im Jahr ein Reifen, bei dem ich den Rest vom Winter deutlich verlängerte Bremswege gegenüber anderen Reifen habe ?

Michelin, im Nutzfahrzeugbereich eindeutig der teuerste, aber auch unstrittig einer der besten Reifenhersteller, hat hier mal eine Liste herausgegeben, welche Reifen für welche Winterverhältnisse geeignet sind. Und da kommt vom Vertrieb ganz klar die Aussage "der XZU+ hat zwar keine MS-Kennung, ist aber für die Winterverhältnisse hier unsere Empfehlung!". Man hat zwar inzwischen auf die Kundenwünsche reagiert und im Rahmen der Produktpflege Reifen mit M+S-Kennung nachgereicht, aber auch das sind keine Winterreifen, sondern es sind Ganzjahresreifen mit verbesserten Wintereigenschaften.

Außerdem unterscheiden die Hersteller zwischen sogenannten "Traktionsreifen" (für die Antriebsachse), "Trailerreifen" (im Busbereich uninteressant) und "Rundumbereifung" (also Lenkachsreifen, die aber auch an allen anderen Positionen gefahren werden können). Man kann davon ausgehen, dass Traktionsreifen uneingeschränkt wintertauglich sind, Rundumreifen sind dies auf jeden Fall auf der Vorderachse, in vielen Fällen auch für leichte Winter auf der Hinterachse.

Letztlich gilt auch noch zu berücksichtigen, dass natürlich ein Reisebusreifen ganz andere Eigenschaften haben muss als ein Kommunal- oder ein Regionalreifen. Bei einem Reisebus kommt es auf hohen Komfort an und dass er auch bei hohen Dauergeschwindigkeiten von konstant 100km/h und auf Landstraßen einen guten Geradeauslauf hat, bei Kommunalreifen ist der Geradeauslauf nicht so entscheidend, aber durch häufige Bordsteinkontakte, ständiges Anfahren und Bremsen etc. ist dieser Reifen ganz anderen Belastungen ausgesetzt. Und der Regionalreifen muss den Kompromiss aus beidem suchen. Das ganze jetzt natürlich auch noch für Sommer und Winter, Vorderachse, Rollachse und Antriebsachse. Und wirtschaftlich muss es ja auch noch bleiben.

Um es kurz zusammenzufassen: es kommt beim Nutzfahrzeug NUR auf das Profil an und darauf, dass jeder für sein Einsatzgebiet den passenden Reifen auswählt. Wer immer noch nicht genug von Reifen hat sollte sich mal den nachfolgenden Link anschauen. Michelin hat nämlich für jeden Reifen eine Empfehlung ausgegeben, welcher Reifen für welche Einsatzgebiete und zu welcher Jahreszeit der geeignete ist. Viel Spaß dabei: Michelin Reifen-Fahrplan
Zitieren
#22
Danke für die Aufklärung.
Zitieren
#23
Ja, find ich auch! (Nur schade, dass man uns "Unwissende" manchmal erst raten lässt. Wenn man sich für nen Experten hält, warum dann warten, bis die anderen sich zu Tode geraten haben...).
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 4 Gast/Gäste