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Vermisste Straßenbahnstrecken - ein neuer "Plauder"-Thread
#1
Hallo zusammen,

ich war gestern ein bisschen in der Innenstadt, u. a. mit den Innenstadtbuslinien unterwegs. Und dabei kam mir die nicht neue Erkenntnis, dass mit der Umstellung auf U-Strab und Aufgabe des engmaschigen Straßenbahnnetzes doch so einige gute (Quer-) Verbindungen verloren gingen. Der Bus oder die Tunnelstrecken taugen dafür nur teilweise als Ersatz.

Besonders vermisst habe ich die alte Linie 8, aber auch die Linie 3 als Querverbindung aus dem Stuttgarter Westen zum Marienplatz. Über die Betriebsstrecke Vogelsang - Westbahnhof habe ich vor kurzem gelesen, dass 1978 bei Einstellung des Astes über Leipziger Platz kurz angedacht war, die Linie 14 ab Berliner Platz über Vogelsang zum Westbahnhof zu führen. Daraus wurde nichts und der Westbahnhof verlor auch bei der großen Bahn bald seine Bedeutung. Heute scheint mir ein Abzweig aus der Strecke der U2/U9 zum Westbahnhof nur schwer machbar, vor dem Hintergrund künftiger Nutzungsmöglichkeiten der Gäubahn für den Nahverkehr jedoch von der Netzstruktur her nicht uninteressant.

Dieser Beitrag soll nicht die Vergangenheit als "besser" verklären oder das bestehende Stadtbahnnetz schlecht reden. Ich bin aber der Meinung, man hat sich - u. a. im Hinblick auf den Feinstaub und die allgemeine Verkehrsbelastung in der Stadt - doch einiges an Flexibilität im Schienennetz verbaut. Dass auf dem 42er Bus zur HVZ im 5-Min.-Takt mit Gelenkbussen gefahren wird, spricht eine deutliche Sprache, dass diese Strecke eigentlich schienenwürdig wäre.

Mich würden Eure Gedanken zur genannten Thematik interessieren. Könntet Ihr Euch als Vision eine "neue" Innenstadtstraßenbahn in ferner Zukunft vorstellen? Welche Fehler der 60er/70er Jahre Verkehrspolitik sollten korrigiert werden? Welche können es mit geringem Aufwand, für welche bräuchte es mehr?
Hier mal die Einladung zum "Plaudern".

MfG
GT6
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#2
(17. 07. 2016, 09:30)GT6 schrieb: Ich bin aber der Meinung, man hat sich - u. a. im Hinblick auf den Feinstaub und die allgemeine Verkehrsbelastung in der Stadt - doch einiges an Flexibilität im Schienennetz verbaut.

Ja, hat man. Wenn man im Westen wohnt – also eigentlich sehr zentrumsnah – hat man oft nur die Wahl zwischen einer unterirdischen Eisenbahn und einem Bus. Das ist sehr schade, auch gerade in Hinblick auf Feinstaub, denn so ein Bus ist ja nicht emissionsfrei (sowohl Lärm als auch Abgase).

Man hat sich meiner Meinung nach auch einige Möglichkeiten der Verkehrsberuhigung verbaut, gerade im Westen, aber auch in Ost. Ein Bus sorgt kaum für Verkehrsberuhigung, ein schienengebundenes Fahrzeug schon eher. Die weitgehende Unabhängigkeit der Stadtbahn vom Straßenverkehr wird ein Stück weit damit erkauft, dass dort, wo sich beides ebenerdig kreuzt, kaum mehr Rücksicht genommen wird.

Und wir Fachleute und Hobbyisten wissen ja, dass eine Bahn viel mehr Menschen anzieht als ein Bus. Viele mögen es bequemer finden, Bus zu fahren anstatt mit einer unterirdischen Bahn. Aber eine oberidrische Niederflur-Bahn ist im Zentrumsbereich einfach ein total elegantes und komfortables Fortbewegungsmittel. Das weiß man insbesondere zu schätzen, wenn man sich die Netze ansieht, wo Straßenbahnen noch richtig durchs Zentrum fahren: Würzburg, Dresden, Braunschweig, Darmstadt, Bremen… Auch das Berliner Tramnetz, Frankfurt und München oder international Amsterdam, Wien, Basel… Der Kompromiss, U-Bahn/Metro und Tram in einem zu haben, bringt eben auch die jeweiligen Nachteile dieser Verkehrsmittel zusammen.

Hätte man sich nicht so konsequent gegen die Meterspur entschieden (Niederflur war damals ja noch kein Thema), hätte man jetzt einige schöne Möglichkeiten. Etwa in den Verläufen der heutigen Linien 40, 42 und 44. Bahnen in der oberen Ostendstraße, der Haußmann- und Schwarenbergstraße, durch den Wagenburgtunnel, Tramhaltestelle am Bahnhofsvorplatz, Bahnen durch die Rotebühl- und Rosenbergstraße, Schwabstraße und durch den Schwabtunnel mit oberirdischer Haltestelle neben der Zacke am Marienplatz…

Aber solche Gedanken sind derzeit sicher utopisch. Eine etwas realistischere Idee wäre die Umstellung der großen Innenstadtbuslinien auf Obus. Idealerweise so, dass für eine Umrüstung auf Trambetrieb die Oberleitung bestehen bleiben könnte.
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#3
Ich habe es schon mehrfach angesprochen, aber hier passt es thematisch am besten dazu:
Das Kappen der damaligen Verbindung der Linie 8 zwischen Charlottenplatz und Berliner Platz (Liederhalle) empfinde ich als sehr schmerzlichen Verlust. Man hätte sich diese Option offen halten sollen und das bestehende Tunnelstück nicht leichtfertig zu Kellerräumen des Kunstwürfels machen sollen.

Einen Abzweig zwischen Charlottenplatz und Schloßplatz in Richtung Liederhalle hätte gleich zwei große Vorteile gebracht:
1. Weniger Umsteigezwang am CH oder Hbf.
2. Eine in heutiger Zeit so wichtige Verbindung der Talquer- und Tallängslinien um auch im Störungsfalle die Fahrzeuge kurzfristig umleiten zu können.

Schade, dass man ein Stück Zukunft leichtsinnig geopfert hat.
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#4
(17. 07. 2016, 12:26)Seelbergbahner schrieb:
(17. 07. 2016, 09:30)GT6 schrieb: Ich bin aber der Meinung, man hat sich - u. a. im Hinblick auf den Feinstaub und die allgemeine Verkehrsbelastung in der Stadt - doch einiges an Flexibilität im Schienennetz verbaut.
Eine etwas realistischere Idee wäre die Umstellung der großen Innenstadtbuslinien auf Obus. Idealerweise so, dass für eine Umrüstung auf Trambetrieb die Oberleitung bestehen bleiben könnte.

Obus ist auch mein Favorit!
Linien 40 bis 45 komplett umstellen!
Außerdem 81 und evtl. auch 82 (Stegungen!).
Der Obus spielt ja gerade bei vielen Steigungen seine Vorteile aus (siehe Solingen, Zürich, ...). Insofern skandalös, dass Stuttgart keinen Obus hat!!
Eine Straßenbahn zusätzlich sehe ich als utopisch an.

Tram 68 S-Bhf Köpenick - Alt-Schmöckwitz
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#5
(17. 07. 2016, 13:03)websurfer83 schrieb: Ich habe es schon mehrfach angesprochen, aber hier passt es thematisch am besten dazu:
Das Kappen der damaligen Verbindung der Linie 8 zwischen Charlottenplatz und Berliner Platz (Liederhalle) empfinde ich als sehr schmerzlichen Verlust. Man hätte sich diese Option offen halten sollen und das bestehende Tunnelstück nicht leichtfertig zu Kellerräumen des Kunstwürfels machen sollen.

Einen Abzweig zwischen Charlottenplatz und Schloßplatz in Richtung Liederhalle hätte gleich zwei große Vorteile gebracht:
1. Weniger Umsteigezwang am CH oder Hbf.
2. Eine in heutiger Zeit so wichtige Verbindung der Talquer- und Tallängslinien um auch im Störungsfalle die Fahrzeuge kurzfristig umleiten zu können.

Schade, dass man ein Stück Zukunft leichtsinnig geopfert hat.

RICHTIG !!
Tram 68 S-Bhf Köpenick - Alt-Schmöckwitz
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#6
(17. 07. 2016, 13:03)websurfer83 schrieb: Das Kappen der damaligen Verbindung der Linie 8 zwischen Charlottenplatz und Berliner Platz (Liederhalle) empfinde ich als sehr schmerzlichen Verlust. Man hätte sich diese Option offen halten sollen und das bestehende Tunnelstück nicht leichtfertig zu Kellerräumen des Kunstwürfels machen sollen.
Einen Abzweig zwischen Charlottenplatz und Schloßplatz in Richtung Liederhalle hätte gleich zwei große Vorteile gebracht:
1. Weniger Umsteigezwang am CH oder Hbf.
2. Eine in heutiger Zeit so wichtige Verbindung der Talquer- und Tallängslinien um auch im Störungsfalle die Fahrzeuge kurzfristig umleiten zu können.

Gerade an dieses Teilstück habe auch als erstes gedacht. Ob Stadtbahn von der Ruhbank aus oder Straßenbahn aus Richtung Gablenberg, hätte ich gerne gesehen daß diese Verbindung bestehen bleibt.

Man muß sich jedoch im klaren sein:
1. da nun durch den Kubus am Schloßplatz die oberirdische Variante und eine einfache oberirdische Haltestelle dort verbaut ist, müßte man eine teure zusätzliche unterirdische Station realisieren
2. bei einer Straßenbahn müßte man sich entscheiden ob man wieder ein Einrichtungsfahrzeug (GT4) will, was zwangsmäßig einen Flächenverbrauch für Schleifen erforderlich machen würde (dazu kommt noch die Ortswahl dafür (Berliner Platz wie gehabt?) oder doch lieber ein Zweirichtungsfahrzeug, was m.M. flexibler wäre

Daß für den Stadtbahnausbau nicht 1:1 alle Straßenbahntrassen herangenommen werden konnten ist eben auch der Stuttgarter Topografie geschuldet, der Enge auf den Straßen. Das erschwert auch eine Wiederbelebung einer Straßenbahn. Da hinken Vergleiche mit Berlin, München usw. Auch bezweifle ich, daß es in der Bevölkerung eine Mehrheit für eine Straßenbahn gibt. Vielleicht doch besser den Obus.
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#7
Der Obus ist zwar eine Möglichkeit, ich wage aber zu prognostizieren, dass andere Techniken (Hybrid...) den Bau von Fahrleitungen für Busse in Zukunft nicht notwendig bzw. unwirtschaftlich machen. Außerdem erhöhen Obusse die Kapazität gegenüber herkömmlichen (Diesel-)Bussen nicht.

Eine Innenstadtstraßenbahn als eigenes System erscheint zwar zunächst als Utopie - und wird es die nächsten 20 Jahre wahrscheinlich auch bleiben. Eine Steigerung der Attraktivität und Kapazität könnte sie allemal bieten und daher wird sie in der Diskussion auch immer wieder aufflammen.

Dass auch der DT8 "klassische" Innenstadtstrecken befahren kann, zeigt die Strecke der U(2)4 zum Hölderlinplatz. Evtl. könnte die Stadtbahn weiteres Terrain - ggf. ehemalige Straßenbahnstrecken - hinzuerobern. Was ist zum Beispiel mit dem Westbahnhof?
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#8
(18. 07. 2016, 08:00)Mario schrieb: Daß für den Stadtbahnausbau nicht 1:1 alle Straßenbahntrassen herangenommen werden konnten ist eben auch der Stuttgarter Topografie geschuldet, der Enge auf den Straßen. Das erschwert auch eine Wiederbelebung einer Straßenbahn. Da hinken Vergleiche mit Berlin, München usw. Auch bezweifle ich, daß es in der Bevölkerung eine Mehrheit für eine Straßenbahn gibt. Vielleicht doch besser den Obus.

Die Topografie allein ist kein Argument, enge Straßen auch eher weniger. Der DT8 auf seiner Normalspur hat halt einen riesigen Radius für ein innerstädtisches Schienenverkehrsmittel. Aber mit Meterspur und schmalen Fahrzeugen sind da ganz andere Kurven möglich. Soo eng sind Stuttgarts Straßen nicht (wie gesagt, in einigen Städten fahren Straßenbahnen immer noch durchs mittelalterliche Stadtzentrum).

(18. 07. 2016, 09:40)GT6 schrieb: Der Obus ist zwar eine Möglichkeit, ich wage aber zu prognostizieren, dass andere Techniken (Hybrid...) den Bau von Fahrleitungen für Busse in Zukunft nicht notwendig bzw. unwirtschaftlich machen. Außerdem erhöhen Obusse die Kapazität gegenüber herkömmlichen (Diesel-)Bussen nicht.

Ein Hybridbus hat auch keine höhere Kapazität als ein Obus. Außerdem fahren Obusse immer mit Strom, Hybridbusse nicht. Ein Obus ist also in jeden Fall umweltfreundlicher und geräuschloser. Einziger Nachteil ist die Oberleitung. Naja, und dass halt Daimler keine Obusse herstellt, das wirkt sich natürlich auch auf so Argumente wie Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit aus... Wink
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#9
(18. 07. 2016, 10:33)Seelbergbahner schrieb: ...Ein Hybridbus hat auch keine höhere Kapazität als ein Obus. ...

Klar, egal welche Antriebsart: die Kapazität einer Gelenkbuslinie lässt sich i. d. R. nur durch den Einsatz eines Schienenverkehrsmittels erhöhen.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass man auch mit Regelspur und entsprechend gelenkigen Fahrzeugen durch schmale, kurvige Innenstadt-Straßen käme.

MfG
GT6
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#10
(18. 07. 2016, 11:04)GT6 schrieb:
(18. 07. 2016, 10:33)Seelbergbahner schrieb: ...Ein Hybridbus hat auch keine höhere Kapazität als ein Obus. ...

Klar, egal welche Antriebsart: die Kapazität einer Gelenkbuslinie lässt sich i. d. R. nur durch den Einsatz eines Schienenverkehrsmittels erhöhen.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass man auch mit Regelspur und entsprechend gelenkigen Fahrzeugen durch schmale, kurvige Innenstadt-Straßen käme.

MfG
GT6

Natürlich kann man auch mit Normalspur enge Radien fahren, warum auch nicht? 25 Meter sind durchaus drin, weniger macht man eigentlich nicht. Die Spurweite ist eigentlich ziemlich egal für die Radien Wink
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