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Rangierbahnhof Kornwestheim aktuell
#1
Hi!

Vielleicht gibts es ja noch ein paar die sich für Güterverkehr - und vielleicht ganz speziell für den Rbf Kornwestheim - interessieren. Zur Geschichte nur ganz kurz die wichtigsten Eckdaten - die steht nämlich schon sehr schön bei Wikipedia beschrieben...

1918 Eröffnung
1963 Inbetriebnahme von Talbremsen, sowie eines DrS 60 Drucktastenstellwerks
1996 Inbetriebnahme des MSR-32 Siemens Ablauf-Stellwerks
2002 Degradierung zum Kbf von Mannheim

Ich fange dann einfach mal bei der verbauten Technik an. Die ist einerseits mehr als veraltet auf der anderen Seite sehr modern. Zur Verdeutlichung des in Kornwestheim verwendeten Systems folgende Grafik:

[Bild: msr32ed9.jpg]
Siemens-Transportation-Graphik

Das eigentliche Ablaufstellwerk ist eines der modernsten Systeme die derzeit auf dem Markt erhältlich sind. Es basiert auf einem 32-Bit Rechner, der einen Ablaufvorgang zentral koordiniert. Dieser wertet aktuelle ist-Daten aus und setzt unter Steuerung entsprechender Elemente (Lokfernsteuerung, Talbremsen, Weichensteuerung) die soll-Daten um. Ein Ablaufvorgang läuft in Kornwestheim in etwa nach folgendem Schema ab: Nachdem ein Zug in der Einfahrgruppe angekommen ist werden entsprechende Daten über die Wagen (Ziel etc...) über ISS-Monitore eingegeben. Dannach müssen noch die Bremsschläuche und der Zughaken der Wagen getrennt werden. Der Lokführer fährt seine 290.6 an einen Zug herran. Ab hier übernimmt der Computer bzw. der Bergmeister die Lok. Diese wird im Normalfall so abgedrücken, dass genügend Platz zu anderen Wagen bleibt. Nach dem Durchlauf über den Ablaufberg werden die Wagen von Talbremsen vorabgebremst, sodass auf jeden Fall genügend Platz zum nächsten Wagen bleibt. Die Steuerung der Talbremsen übernimmt auch der PC. Bei diesen wird ein Bremsbalken seitlich an die Räder der Wagen gedrückt. Bei starken Bremsvorgängen sieht man auch mal gut und gerne Abrieb als Staub durch die Luft fliegen.

[Bild: riglpe9.jpg]
Richtungsgleise. Im Vordergrund die Talbremsen, links das Stellwerk. C GNU Free Documentation License / Rosenzweig

Bis hierher läuft der Ablaufvorgang praktisch vollautomatisch ab - die Lok, Weichen und Talbremsen werden von dem PC gesteuert. Aber ab hier beginnt das große Elend: In den Richtungsgleisen rennen Hemmschuhleger mit ihrem Arbeitsmittel um um die Wagen endgültig zu abzubremsen ("Laufzielbremsung"). Das funktioniert natürlich nicht immer richtig gut - und so sinkt die Leistungsfähigkeit rapide ab. In den meisten modernen Rangierbahnhöfen gibt es hier zwei Mittel um die Wagen passgenau, ohne nach dem Ablaufvorgang noch beidrücken zu müssen, zum Stehen zu bringen. Da wären einmal die Richtungsgleisbremsen die die Wagen auf eine relativ geringe Geschwindigkeit herrabbremsen. Dies geschieht nach dem selben Prenzip wie bei den Talbremsen. Hat der Wagen die Richtungsgleisbremse verlassen wird er von einer Wagenförderanlage übernommen die ihn exakt vor dem vorhergehenden Wagen zum Stehen bringt. Dieses System wird z.B. in München Nord oder auch Mannheim angewandt. Somit hat man in Kornwestheim einen tollen PC - nur nutzt man diesen nicht richtig aus.

Da wären wir auch schon bei der heutigen Bedeutung Kornwestheims. Dazu sollte man wissen, das der heutige Einzelwagenverkehr in Deutschland nach dem Hub and Spoke-Konzept aufgebaut ist. Die Ordnung sollte in etwa folgend aussehen: Rangierbahnhof -> Knotenpunktbahnhof -> Satellit -> Kunde (Gleisanschluss / Freiladegleis) bzw. in anderer Richtung. Zwischen Rbf und Rbf sowie Kbf und Rbf sollten Ferngüterzüge verkehren. Zwischen Kbf, Satellit und Kunde Nahgüterzüge. Kornwestheim ist seit 2002 nur noch Knotenpunktbahnhof Mannheims - was nicht viel heißen will. Denn von Knotenpunktbahnhöfen sollte eigentlich nur noch Fernzugbildung zum übergeordneten Rbf erfolgen. Dies ist jedoch Makulatur. In Kornwestheim werden Fernzüge nach
  • Mannheim Rbf
  • Nürnberg Rbf
  • München Nord Rbf
  • Seelze (bei Hannover)
  • Gremberg (bei Köln)
  • Wolfurt (A)
  • Zürich-Limmattal (CH)
gebildet. Alle Züge nach Wolfurt aus Deutschland laufen über Kornwestheim. Desweiteren werden von Kornwestheim u.a. folgende Satelliten bedient (Nahgüterzüge):
  • Stuttgart Hafen
  • Böblingen / Sindelfingen
  • Plochingen
  • Ulm
  • Singen (Htw)
  • Aalen
  • Bietigheim-Bissingen
  • Bad Friedrichshall-Jagstfeld
  • Heilbronn
  • Crailsheim
Railion hatte vor längerer Zeit mal vor Kornwestheim zum Satelliten zu degradieren. Dies würde bedeuten, dass TK nur noch Ferngüterzüge aus Mannheim erhält. Das ist jedoch angesichts des Wagenaufkommens das z.Zt. noch vorherrscht mehr als unwahrscheinlich. Aktuell ist in Planung die viele noch mechanisch gesteuerten Stellwerke um Kornwestheim Rbf mit einem ortsbedientem ESTW zu ersetzen. Die KS-Signale dazu sind z.T. schon aufgestellt. Die Zukunft Kornwestheims bleibt also weiter mehr als spannend...

Weitere Infos:
So, ich hoffe der Seitenblick auf den Rangierbahnhof unserer Region war ganz nett.

Gute Nacht.

br101
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#2
Hallo,

jetzt möchte ich doch noch meinen Senf dazu geben.

br101 schrieb:In Kornwestheim werden Fernzüge nach
  • Wolfurt (A)
  • Zürich-Limmattal (CH)
gebildet. Alle Züge nach Wolfurt aus Deutschland laufen über Kornwestheim. Desweiteren werden von Kornwestheim u.a. folgende Satelliten bedient (Nahgüterzüge):
  • Singen (Htw)
br101

Denn ich frage mich wie wirtschaftlich ist es wenn ein Wagen von Singen(Htw) nach Wohlfurt bzw. Zürich immer erst über Kornwestheim laufen muß, obwohl die Gz nach Wohlfurt und Zürich über Singen fahren und in Singen Rangiermittel und Personal rund um die Uhr vorhanden ist.

Die Züge nach Zürich machen in Singe Kopf und oft werden die Züge nach Wohlfurt umgespannt.

Da wäre es doch ein leichtes die Wagen aus dem Singener Raum diesen Zügen sofern noch Kapazität vorhanden dran zu hängen.

Es gibt in Singen sogar noch Wagenmeister nur keine benutzbare Gleiswaage. Dieses wird als Argument für die Leitung über Kornwesteheim benutzt.

Gruß Bernd
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#3
br101 schrieb:Bei starken Bremsvorgängen sieht man auch mal gut und gerne Abrieb als Staub durch die Luft fliegen.
Und das Quietschen nicht vergessen...

br101 schrieb:Bilder
...lassen sich am Besten von der Brücke über dem Ablaufberg machen (Buslinie 413 bis "Villeneuvestr.").
Und tschüs!
Torsten (TS, Gleis 461)

"No one wins. One side just loses more slowly." (Detective Roland Pryzbylewski, "The Wire")
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#4
moin,

ja das im Güterverkehr unbestritten etwas falsch läuft ist klar. Allerdings ist eine Besserung politisch anscheinend nicht gewollt, von daher kann man der Bahn da grundsätzlich keine Vorwürfe machen, wenn sie Sachen wie MORA C durchzieht - und sich dadurch der Wagenladungsverkehr erst ab hunderten von Kilometern lohnt. Da kommt es dann schon zu solch grotesken Situationen, wobei ich ehrlich gesagt den von dir genannten Fall auch nicht nachvollziehen kann. Die Züge haben dort ja sowiso einen Aufenthalt von bis zu einer Stunde, da würde man ja nun wirklich nichts kaputtmachen...

br101 schrieb:Bilder
TOPCTEH schrieb:...lassen sich am Besten von der Brücke über dem Ablaufberg machen (Buslinie 413 bis "Villeneuvestr.").
Jep, aber auch ein Spaziergang um den Rangierbahnhof ist ganz nett - wenn man Zeit hat (ca. 1h, je nach Gehgeschwindigkeit und Aufenthalten). Ab Kornwesth. Pbf bis zu der Brücke über dem Ablaufberg, von dort die Westrandstraße südlich bis zum Ubf, Railport und der Güterwagenservicestelle (was für ein WortRolleyes) weiter bis zum BW und schließlich wieder zurück zum Bahnhof.

Grüße,

Lennart
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#5
moin nochmal,

da haben wir wohl beide was vergessen, denn seit dem Fahrplanwechsel existieren Direktgüterzüge Singen - Schaffhausen - Zürich-Limmattal (!), wie ich gestern mit Erstaunen festgestellt habe Wink

Grüße,

Lennart
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#6
Guten Morgen,

br101 schrieb:moin nochmal,

da haben wir wohl beide was vergessen, denn seit dem Fahrplanwechsel existieren Direktgüterzüge Singen - Schaffhausen - Zürich-Limmattal (!), wie ich gestern mit Erstaunen festgestellt habe Wink

Grüße,

Lennart

Gut, die kannte ich auch nicht. Werden die von der SBB gefahren oder von Railion/BLS.

Gruß Bernd
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#7
Mhm, komisch das scheinen wohl doch nur ein paar von den Zügen aus TK zu sein die in RSI wohl gepuffert werden. Da muss ich mich nochmal schlau machen.
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#8
Wink 
Tag der Schiene in Kornwestheim: https://www.cannstatter-zeitung.de/inhal...79ad4.html
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#9
Artikel aus dem Mannheimer Morgen über eine lustige Sonderzugfahrt der Eisenbahnfreunde Mannheim durch den Rangierbahnhof Mannheim am letzten Samstag:

"Der Verein der Eisenbahnfreunde hat sich vor einem Jahr gegründet, er hat erst zehn Mitglieder, und schon geht es mit Volldampf ab auf die Schiene, ohne Dampflok, dafür mit einem Nahverkehrszug. Schon zwei Sonderfahrten hat der Verein in Kooperation mit Rhein-Neckar-Industriekultur organisiert, und zwar ganze Tagesausflüge mit gastronomischem Programm: Moderator anheuern, Plätze reservieren, für Speisen und Getränke an Bord und am Ziel sorgen. Die Fahrten gingen an Orte, an die Personenzüge nie fahren, den Rangierbahnhof und den Industriehafen. „Wir haben alle Spaß am Thema Eisenbahn und finden das Konzept mit den Fahrten toll“, sagte Felice Patti, Vereinsmitglied. „Von Beruf bin ich Lokrangierführer, auch andere von uns arbeiten bei der Bahn.“ Für die zweite Fahrt hatten sich 125 Leute angemeldet. Diese warteten geduldig auf dem Gleis auf den Nahverkehrs – Sonderzug, der aus Worms kam. Darin saß Marius Dreyer, erster Vorstand, der an diesem Tag viel beschäftigt mit der Organisation war. Moderiert wurde die Fahrt von Peter Weinsheimer, einem Bahn-Experten von außerhalb des Vereins. Der erste Teil der Fahrt ging durch den Rangierbahnhof bis Schwetzingen. „Der Mannheimer Rangierbahnhof ist der zweitgrößte in Deutschland“, erklärte Weinsheimer, „der größte ist in Maschen bei Hamburg.“ Und zwar das „Maschen“ aus dem Lied von Truck Stop. Nachdem der Zug am Stadtteil Lindenhof mit dem bemerkenswerten alten Lokschuppen vorbeigefahren war, erreichte er den Rangierbahnhof – rings herum nichts als Schienen, Weichen, Stellwerke, Waggons. „Ganze 600 Weichen hat der Bahnhof, der nie ruht. Dass alles abgestellt ist und alle Mitarbeiter daheim sind, gibt es nicht. Dass ein Personenzug hier fährt, ist eine absolute Ausnahme“, so der Moderator. „Die Stellwerke, kleine Backsteingebäude, sind schon sehr alt. Vieles Technische bei der Bahn ist schon Jahrzehnte alt, aber wir fahren ICE.“ Es wird noch lange dauern, bis die Infrastruktur der Bahn auf den neuesten Stand gebracht ist. Die meisten Gäste der Fahrt sitzen auf ihren Plätzen und genießen die Aussicht bei einem Kaffee, andere stehen im Gang am Fenster und filmen voller Begeisterung mit. „Mich fasziniert der Schwergüterverkehr, die Loks, die Güterzüge in Verbindung mit der Natur. Der Güterbahnhof übt eine Faszination aus“, sagte Shila Schätzle, die aus Karlsruhe gekommen war – mit dem Zug, denn sie hat ein Deutschland-Ticket. „Wenn ich Zeit habe, fahre ich zum Rangierbahnhof und mache Fotos von der Brücke aus. Auch bei der ersten Fahrt war ich mit dabei und finde, die Mitarbeiter haben es sehr gut organisiert.“ Herby, ein Bekannter von Shila, war ebenfalls mitgekommen. Er ist ein Weltenbummler und schaut sich den Güterverkehr in verschiedenen Ländern an. „Ich habe eine Technik-Affinität und Freude an schwerem Gerät. Auch die verschiedenen Signale kenne ich. Das war schon immer mein Hobby.“ Auf dem Rückweg vom Bahnhof Schwetzingen kam der Zug an Friedrichsfeld vorbei, wo sich laut Moderator sich ein „großer Eisenbahnknoten mit einer langen Geschichte“ befindet. Hier wurden Züge abgekoppelt, bei denen „Mannheim hinne, Heidelberg vorne“ galt, denn je nach Ziel musste man in den entsprechenden Zug einsteigen. Danach ging die Fahrt weiter in den Industriehafen, und zwar über die Riedbahn, auf der die Züge stets am Rand der Feudenheimer Au entlangknattern. Nach einem kurzen Halt am etwas in die Jahre gekommenen Käfertaler Bahnhof, hielt der Zug im Stadtteil Luzenberg unter einer Brücke. Alle Passagiere stiegen für einen Spaziergang mit Blick über den Altrhein aus. Danach ging es weiter mit dem Zug auf die Friesenheimer Insel in den Industriehafen. Die Eisenbahnfreunde Mannheim haben mit diesen Fahrten einen wahren Senkrechtstart hingelegt, die Idee sorgte bei den Gästen für Begeisterung."

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