30. 12. 2009, 11:52
(29. 12. 2009, 22:43)dt8.de schrieb:(29. 12. 2009, 17:28)GoaSkin schrieb: Im Übrigen habe ich einmal gelesen, daß eine Stadt Tarifbezahlung zum Ausschreibungskriterium gemacht werden soll, wogegen ein Bewerber erfolgreich geklagt hat (EU-Recht).
Die Begründung "EU-Recht" greift hier zu kurz, m.E. ist das im EU-Recht nicht festgelegt, sondern Qualitätskriterien sind sehr wohl zulässig. Außerdem, falls das Gericht das tatsächlich so begründet haben sollte, dann wäre das ein gefundenes Fressen für eine Berufung: EU-Recht ist nämlich vor deutschen Gerichten gar nicht bindend, sondern es muß erst in deutsche Gesetze umgesetzt werden, bevor ein Richter danach entscheiden darf. Daher muß das schon mit einem nationalen Gesetz begründet sein, nicht mit EU-Recht.
Leider passieren bei dieser Umsetzung von EU-Vorgaben in deutsche Gesetze regelmäßig Fehler.
Das ist jetzt fast OT, aber trotzdem: EG-Recht ist sehr wohl bindend. Du sprichst von EG-Richtlinien, die grundsätzlich erst in nationale Gesetze umgesetzt werden müssen. Es gibt aber auch EG-Verordnungen, die gelten unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten und bedürfen keiner weiteren Umsetzung. Vieles im ÖPNV-Recht und im Vergaberecht steht in Verordnungen und gilt deshalb ohne weitere Umsetzungsakte.
Zu den Richtlinien noch: Wenn sie nach Ablauf der Umsetzungsfrist noch nicht in nationales Recht umgesetzt worden sind (passiert häufiger), kann sich der Bürger gegenüber dem Staat trotzdem darauf berufen (sog. vertikale Direktwirkung). Unabhängig davon sind die Gerichte verpflichtet, sonstiges Gemeinschaftsrecht bei der Auslegung von nationalen Gesetzen zu berücksichtigen. Allgemein zwingt der EuGH die Organe der Mitgliedsstaaten zu einer maximalen Anwendung des EG-Rechts, auch wenn manches davon nach der reinen Lehre nicht mehr vernünftig begründet werden kann.
Im Ergebnis: Gerade dann, wenn ein Gericht entgegenstehendes EG-Recht - ob umgesetzt oder nicht - außen vor läßt, ist sein Urteil in Berufung und Revision sehr gefährdet.
Gruß,
Ex-Stgt