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Das Problem mit den freien Sitzplätzen
#1
Was mir im ÖPNV immer auffällt ist, dass immer, zumindest meistens, wenn mehrere 4er-Sitzplätze frei sind, sich die Leute immer allein dahin setzen, um bloß nicht einem anderen fremden Menschen zu nah zu kommen.
Manche ziehen es dann sogar lieber vor zu stehen, anstatt einen der freien Sitze der von mindestens einer Person "besetzten" 4er-Sitzgruppe zu nehmen.
Auch schon oft beobachtet: Leute steigen aus, die Bahn ist gut gefüllt. Eine 2er- oder 4er-Sitzgruppe wird frei. Die einsteigenden Leute sehen das, "stürzen" sich gezielt auf diese freien Plätze, aber sobald jemand anderes schneller ist, tun sie so, als ob sie sich doch nicht dort hinsetzen wollten, gehen vorbei und stellen sich dann irgendwo an die Tür oder in den Gang.
Macht ihr das auch so? Ich meine, ich verstehe es ja, wenn da wirklich einer hockt, neben dem man lieber nicht sitzen will (z.B. alkoholisierte Person), aber finde es doch befremdlich, wenn man ganz normal aussieht und sich dann trotzdem keiner neben einen setzt. Wie kann man das psychologisch erklären?
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#2
(30. 07. 2009, 17:46)moduni schrieb: Was mir im ÖPNV immer auffällt ist, dass immer, zumindest meistens, wenn mehrere 4er-Sitzplätze frei sind, sich die Leute immer allein dahin setzen, um bloß nicht einem anderen fremden Menschen zu nah zu kommen.
Manche ziehen es dann sogar lieber vor zu stehen, anstatt einen der freien Sitze der von mindestens einer Person "besetzten" 4er-Sitzgruppe zu nehmen.
Auch schon oft beobachtet: Leute steigen aus, die Bahn ist gut gefüllt. Eine 2er- oder 4er-Sitzgruppe wird frei. Die einsteigenden Leute sehen das, "stürzen" sich gezielt auf diese freien Plätze, aber sobald jemand anderes schneller ist, tun sie so, als ob sie sich doch nicht dort hinsetzen wollten, gehen vorbei und stellen sich dann irgendwo an die Tür oder in den Gang.
Macht ihr das auch so? Ich meine, ich verstehe es ja, wenn da wirklich einer hockt, neben dem man lieber nicht sitzen will (z.B. alkoholisierte Person), aber finde es doch befremdlich, wenn man ganz normal aussieht und sich dann trotzdem keiner neben einen setzt. Wie kann man das psychologisch erklären?

Hängt wohl damit zusammen dass keiner in das "Revier" des anderen eindringen will ;-)
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#3
Noch besser is das ganze bei Abteilwagen zu sehen...
"Das schlimmste Wort, mit dem ich je tituliert wurde, lautete 'nett'." (Michael O’Leary)

[Bild: 450ssb.png]
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#4
Ich glaube das liegt daran dass man schon gezwungenermaßen mit fremden Meschen in einen Raum gezwängt wird und dann durch geziehlte Vermeidung von zu viel Nähe jeglichem weiteren Kontakt aus dem Weg gehen will.

Dass der größtmögliche Abstand zu Fremden gehalten wird hat sich in unserer Gesellschaft eben auch so eingebürgert. Die Konsequenz ist dass es schon zu einem gewissen Spannungsverhältnis kommt wenn man sich aeben zu jemandem setzt obwohl noch ein 4er komplett frei wäre. Viele bleiben dann halt lieber gleich stehn.

Soweit meine Hobby-Psychoanalyse :-)
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#5
Ich kann dazu auch nur sagen, ich setzte mich lieber nicht einfach neben irgendeine Fremde Person! Früher war das anderst, da habe ich mich schon neben andere gesetzt. Bis mir dann mal etwas passiert ist : Neben mich hat sich ein total stinkender Penner gesetzt. Und ein anderes mal habe ich mich neben einen setzen wollen, und der hat mich dann so total eingequetscht!

Das ist schrecklich! Ich fühle mich aber auch sehr schnell eingeengt!

Wenn sich jetzt aber zB. ein normal verhaltender Mensch sich neben mich setzt, dann finde ich es nicht soooo schlimm!
Viele Grüße aus Möhringen
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#6
Ich hab damit keine Probleme wenn sich jemand neben mir sitzt, es kommt auch manchmal zu netten Gesprächen. Wenn dann mal einer kommt der komisch ist oder auch wenn ich die Gegend in der ich sitz nicht mag setz ich mich weg. Andersrum genauso, wenn der Zug voll ist und alle Plätze belegt sind setz ich mich neben dem (oder die Big Grin) der mir sympatisch ist.
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#7
Hallole,

da ich nur vorwärts fahren kann, suche ich in der Reihenfolge meinen Platz aus:
1. Vorwärtsplatz am Fenster, wenn nicht frei,
2. Vorwärtsplatz zum Gang, wenn nicht frei,
3. Stehplatz in Gangmitte, oder direkt hinter dem Fahrer.

Während einer Heimfahrt musste ich mich mal drei mal umsetzen.
Als erstes kamen besoffene, die mich zugetextet haben.
Und dann hat mir einer vor die Füße gereiert.

Mit nem Penner ist mir das mal so passiert:
Volle bahn, bis auf eine 4ergruppe, wo nur einenr Saß.
Da ich nicht so gut gucken kann, guck ich mir die Leute auch nicht so sehr an.
Aber als ich mich gesetzt hab, wusste ich 10 Sekunden später, warum da keiner saß, und ich saß dann auch nimmer da....

Grüßle
AFu
[Bild: 3320-Front-DSO.jpg]
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Stuttgarts Straßen- und Stadtbahnlinien im Internet:
http://www.ssb-linien.de
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#8
Naja - das ist aber auch nur in Deutschland so extrem. In Österreich sind die "besten" Plätze - also in den Fernzügen die Abteile, sonste Fensterplätze etc immer am schnellsten besetzt - egal, ob da schon jemand sitzt oder nicht Smile
"Das schlimmste Wort, mit dem ich je tituliert wurde, lautete 'nett'." (Michael O’Leary)

[Bild: 450ssb.png]
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#9
(30. 07. 2009, 19:10)metalhead schrieb: Ich glaube das liegt daran dass man schon gezwungenermaßen mit fremden Meschen in einen Raum gezwängt wird und dann durch geziehlte Vermeidung von zu viel Nähe jeglichem weiteren Kontakt aus dem Weg gehen will.

Dass der größtmögliche Abstand zu Fremden gehalten wird hat sich in unserer Gesellschaft eben auch so eingebürgert. Die Konsequenz ist dass es schon zu einem gewissen Spannungsverhältnis kommt wenn man sich aeben zu jemandem setzt obwohl noch ein 4er komplett frei wäre. Viele bleiben dann halt lieber gleich stehn.

Soweit meine Hobby-Psychoanalyse :-)
Das ist soweit ganz richtig - das Thema wird in der Psychologie als interpersonale Distanz bezeichnet. Dies bezeichnet den Abstand den man zu einer anderen Person einhält, um sich Wohl zu fühlen. Dieser Abstand ist allerdings nicht fix definiert - er ist abhängig insbesondere von Kultur, soziale Beziehung zw. den beteiligten Personen und auch die Situation.

In Deutschland ist die interpersonale Distanz verhältnismäßig groß und beträgt bei fremden Personen knapp 2 Meter, woraus sich das "freien Viererplatz" aussuchen erklären lässt.

Kennen sich diese Personen, setzen sie sich in der Regel gemeinsam in eine (freie) Vierer-Sitzgruppe, da die interpersonale Distanz aber dennoch besteht in der Regel sich Gegenüber. Nebeneinander setzt man sich (in einer freien Vierergruppe) meist auch erst, wenn die Beziehung intim ist und die interpersonale Distanz nahezu aufgehoben ist.

Die Situationsabhängigkeit erkennt man dann an dem Befüllungsgrad der Bahn. Ist sie voll - so haben die meisten Menschen kein Problem mehr sich wo dazu zu setzen oder jemanden neben sich hinsetzen zu lassen.
Hier erkennt man dann jedoch wieder ein weiteres interessantes Phänomen - dass Intimitätsgleichgewicht. So nimmt die Kommunikation zwischen den Menschen immer mehr ab, je enger sie Personen in ihre interpersonale Distanz eindringen lassen (auch im Sinne von nonverbaler Kommunikation). In der Bahn werden häufig die Personen die direkt neben einem oder gegenüber einem sitzen nicht einmal mehr angeschaut - wohingegen wenn der Zug nur leicht besetzt ist schauen sich die Leute viel eher an - und mustern sich manchmal regelrecht.
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#10
Vielen Dank luchs für die professionelle Analyse!
Das ist sehr interessant das mal ernsthaft erklärt zu bekommen.

Nun habe ich aber auch schon öfter beobachtet dass sich manche jüngere meist männliche Geschöpfe, deren sprachgebrauch Bindewörter wie "zum", "beim", "am" etc offenbar nicht vorsieht, sich möglichst weit voneinander wegsetzen. Also sogar in verschiedene 4er-Sitzgruppen und das obwohl durchaus ein näherer Bekanntschaftsgrad zwischen ihnen besteht. Das führt dann dazu dass sie recht lautstark miteinander kommunizieren so dass es garatiert jeder im Wagen mithört.

Kann man das noch psychologisch sinnvoll erklären?
Zum beispiel dass sie sich ein möglichst großes Revier halten wollen und Aufmerksamkeit auf sich ziehen möchten?
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