05. 09. 2020, 20:10
(05. 09. 2020, 10:21)Holger2 schrieb: Grundsätzlich muss jede Kommune ihre öffentlichen Nahverkehre ausschreiben. Eine Kommune kann sich aber unter bestimmten Voraussetzungen von der Ausschreibungspflicht befreien. Und zwar dann, wenn die Kommune den gesamten Verkehr in Eigenregie durchführen möchte. Andererseits darf die Kommune dann nicht außerhalb ihres Burgfriedens als Wettbewerber auftreten. Aus diesem Grund hat die Stadt Stuttgart die Buslinien in Leinfelden abgeben müssen.Soweit korrekt, wobei hier noch nicht alle Fälle juristisch entschieden sein dürften. Denn die SSB hat zwar Linien abgegeben, besitzt aber auch jetzt noch Konzessionen, die als fragwürdig anzusehen sind. Ein Teil davon hat man vor der letzten Vergabe aufgeräumt, einen Teil nicht.
(05. 09. 2020, 10:21)Holger2 schrieb: Wenn eine Kommune ihr Netz vom Markt nimmt, kann ein privater Busunternehmer ein Linienbündel immer noch übernehmen, wenn er plausibel geltend macht, dass er die gleichen Leistungen eigenwirtschaftlich, also ohne weitere Zuschüsse betreiben kann. Damit soll verhindert werden, dass ...Der angebliche Vorrang eigenwirtschaftlicher Angebote ist durchaus strittig. Mir ist noch keinen Fall bekannt, wo eine Vergabekammer oder nachfolgend ein Gericht einem eigenwirtschaftlichen Angebot tatsächlich den Vorrang gegeben hätten, aber durchaus Fälle, wo das nicht so war (z.B. Esslingen).
Das PBefG schreibt in der aktuellen Version (der Hinweis ist wichtig, genau in den Punkten gab es schon einige Änderungen!) zwar in §8(4), dass Verkehre eigenwirtschaftlich zu erbringen sind, beruft sich in §8a(3) dann aber wieder bezüglich der Eigenerbringung auf die EU-VO 1370/2007, in welcher keine Eigenwirtschaftlichkeit verlangt wird. Auch in §8a ist in Bezug auf die Eigenerbringung mit keinem Wort ein Vorrang von Eigenwirtschaftlichkeit erwähnt. Ob das aus §8 (4) konstruiert werden kann dürfte fraglich sein, da §8a sich auf EU-Recht beruft, §8(4) dagegen nicht. Und EU-Recht dürfte Vorrang haben...
Somit muss bei einer öffentlichen Ausschreibung zwar einem eigenwirtschaftlichen Angebot der Vorrang eingeräumt werden, nicht zwingend aber bei einer Eigenerbringung.
Als Link: Das PBefG beruft sich dabei in §8a(3) auf Artikel 5 Absatz 2 (und ggf. 4), ohne Einschränkungen zu machen:
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/...d1e728-1-1
In Pforzheim hat die Stadt die Eigenerbringung ja schon nicht mehr weiterverfolgt, nachdem ein eigenwirtschaftliches Angebot eingegangen war - weil das ja ohnehin das Ziel der Stadt war. Ob die Stadt eigenwirtschaftlich an die RVS vergibt, oder die "eigenerbringenden" Stadtwerke nach der Vergabe an diese dann an die RVS verkauft, ist letztendlich egal. Pforzheim dient zwar immer wieder als Beispiel, was aber falsch ist, weswegen ich die Lage dort immer wieder erkläre.
(05. 09. 2020, 10:21)Holger2 schrieb: In den großen Städten passiert so etwas normalerweise nicht, da sie ihre Linienbündel immer so zuschneiden können, dass ein Betrieb für private Anbieter unattraktiv wird. In Stuttgart werden immer die attraktiven Innenstadtlinien zusammen mit weniger attraktiven Stadtteillinien zusammen gebündelt. Außerdem besteht immer noch die Möglichkeit, einzelne U-Bahnen dazuzufügen. Aufgrund der hohen Anfangsinvestitionen ist ein Trambetrieb immer unattraktiv für eigenwirtschaftlichen Betrieb.In Stuttgart und anderen großen Städten wurde gar nichts gebündelt, das lief über den Nahverkehrsplan, weswegen der ja in den Jahren zuvor überhaupt erst aufgestellt wurde. Da gibt es aber auch keine Bündelung in Linienbündel, da der Aufgabenträger hier das Recht hat, aus Qualitätsgründen einen einheitlichen Betreiber vorzusehen.