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Hallo zusammen!,
der ÖPNV ist ja bekannterweise ein Zuschussgeschäft. Zur Deckung der Kosten werden die Betriebe subventioniert. In letzter Zeit gibts es aber immer wieder Busnetze die von einem Anbieter eigenwirtschaftlich betrieben werden. Bekanntes Beispiel ist der Verkehr in Pforzheim der von der Bahn Bus Gesellschaft eigenwirtschaftlich betrieben werden soll.
Nun haben sich auch in Esslingen Unternehmen gemeldet (Offenbar Schlienz und Fischle) die den kompletten Busverkehr in Esslingen eigenwirtschaftlich betreiben wollen. Dabei sollen auch die SVE Linien übernommen werden und der SVE würde damit Geschichte.
Weis jemand wie man einen Busbetrieb eigenwirtschaftlich betreiben kann? Wenn selbst im klassischen Subventionsgeschäft immer wieder Taktausdünnungen vorkommen und selbst die SSB über Geldmangel klagt, kann ich mir kaum vorstellen den ÖPNV eigenwirtschaftlich zu betreiben.
Wer erhält dann die Fahrkartenerlöse? Gehen die direkt an den Betreiber?
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Vergleichen wir mal die SSB mit einem privatem Unternehmer. Es fängt bei der Bezahlung der Mitarbeiter an , haben beide doch einen unterschiedlichen Tarifvertrag. Die SSB muss einen/mehrere Betriebsleiter BO-Kraft beschäftigen und bezahlen. Beim Unternehmer macht dies der Chef bestenfalls selbst. Der Unternehmer hat keine Verwaltung bzw. ist dort sehr schlank aufgestellt etc.pp
Zu den Fahrkartenerlösen : Es gibt da verschiedene Varianten. Zum einen das der Unternehmer Summe X bekommt und damit kostendeckend fährt, dafür dann aber nix mit der Infrastruktur zu tun hat. Zum anderen das er die Fahrgeldeinnahmen, Ausgleichszahlungen etc. bekommt, sich dafür um Infrastruktur etc. kümmern muss. Bei der zweiten Variante wird er aber zusehen das er nicht so lukrative Strecken schnell abstoßen kann.
Evtl. kann jemand ergänzen oder berichtigen. Hab das vor zwei Jahren alles mal mehr oder weniger gelernt. Aber leider verschwindet das ganze im Alltag immer mehr in der Versenkung.
Ferner bin ich der Meinung das ein ein bestehender gemeinwirtschaftlicher Verkehr in Eigenregie mit allem drum und dran(Infrastruktur etc.) nicht ohne Zuschüsse auskommt. Es sei denn man dünnt das Angebot aus, erhöht die Ticketpreise (kann beides aber auch nach hinten los gehen), bezahlt unter Mindestlohn und ignoriert sonstige Sozialstandards.
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Hallo,
es gibt grundsätzlich zwei Varianten, wie eine Kommune Busverkehr betreiben kann. Es kann keine Mischformen geben.
1. die privatwirtschaftliche Variante: Die Stadt (oder eine städtische Gesellschaft) entwirft ein Busnetz, welches sie gerne betrieben haben möchte. Dieses wird ggf. in mehreren Bündeln ausgeschrieben. In der Ausschreibung darf die Stadt durchaus Festlegungen, wie Mindestlohn oder Busstandards treffen. Klassisches Beispiel hierfür ist Frankfurt am Main. Das Busnetz wird von traffiq, der städt. Nahverkehrsgesellschaft, entworfen und in 5 Linienbündeln ausgeschrieben.
2. die kommunale Variante: Die Stadt möchte den Betrieb ihres ganzen Busnetzes in Eigenregie betreiben, also mit eigenem Personal, oder mit einer Gesellschaft, die der Stadt gehört. Sie entwirft ein Busnetz, das sie ggf. mit staatlichen Subventionen betreiben möchte. Die Stadt ist jedoch verpflichtet, auch dieses Busnetz auszuschreiben. Findet sich ein Betreiber, der dieses Netz eigenwirtschaftlich, also ohne staatliche Subventionen, betreiben will, hat er den Vorrang gegenüber der Stadt. Es ist dabei nicht hinreichend, wenn der Betreiber lediglich weniger Verluste macht.
Dabei muss lediglich der Betrieb eigenwirtschaftlich erfolgen. Investitionen in Haltestelleninfrastruktur, Busspuren oder ähnlichen festen Einrichtungen sind von dem Gebot der Eigenwirtschaftlichkeit ausgenommen.
Der Fall, dass eine Stadt ihr Busnetz wegen Eigenwirtschaftlichkeit abgeben musste, ist bisher in Pforzheim eingetreten. In Hildesheim gibt es eine ähnliche Situation, die derzeit überprüft wird. In Esslingen hat m.E. die Stadt die SVE freiwillig aufgegeben und den Busverkehr ausgeschrieben.
Es gibt verschiedene Gründe, warum ein Privater billiger ist, als eine Kommune. Wesentlicher Hintergedanke bei dem Gesetz dürfte gewesen sein, dass in der Vergangenheit viele Kommunen ihre Verkehrsbetriebe als Pfründe für Parteifreunde genutzt haben. Diese Ausnutzung öffentlicher Einrichtungen für private Zwecke soll unterbunden warden.
Die Kommunen, die relativ wenig an Zuschüssen für ihren Busbetrieb leisten können, sind sicherlich am gefährdetsten.
Holger
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Also dürfte damit der O-Bus in Esslingen bald Geschichte sein?
Grüße: Silvia Weiß
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(03. 08. 2016, 05:13)SSBaschdi Weiß schrieb: Also dürfte damit der O-Bus in Esslingen bald Geschichte sein?
Diese Frage müßte man wohl unabhängig von der Ausgangsfrage betrachten. Zunächt mal, wenn die Aussage stimmt, daß bestimme Firmen den, Zitat mr-it, " kompletten Busverkehr in Esslingen eigenwirtschaftlich betreiben wollen" und " dabei [...] auch die SVE Linien übernommen werden" sollen, dann verstehe ich daß zunächst mal so, daß damit auch die O-Bus-Linien gemeint sind, die ja auch als solche besonders konzessioniert sind. Wie das die Firmen praktisch bewerkstelligen wollen, also Infrastruktur / Fahrzeugflotte komplett auf- oder neukaufen, ist erst einmal deren Sache. Grundsätzlich möglich ist es aber, es wäre auch nicht das erste Mal, daß der Esslinger O-Bus den Eigentümer bzw. Betreiber wechselt. 1951 ging er ja auch schon von der ESS bzw. von deren Betreiber- und Muttergesellschaft SSB an die Stadt Esslingen über, die in seither über den SVE in Eigenregie führt.
Wahrscheinlicher wäre hier natürlich ein Trennungsmodell, daß die Stadt bzw. ein kommunaler Eigenbetrieb als reiner Infrastrukturbetreiber, also neben Haltestellen, Busspuren, etc. auch für die Oberleitungs- Signal- und Versorgungssysteme, wahrscheinlich auch für den Betriebshof verantwortlich ist nur nur der eigentliche Betrieb ausgeschrieben und privatwirtschaftlich geführt wird. Oder der SVE wird dahingehend zerschlagen, daß das O-Bussystem als Ganzes von Betreiber A, die übrigen Dieselbusse aber von Betreiber B oder B und C betrieben werden. Schließlich steht nirgends, daß innerhalb einer Kommune nur ein VU tätig sein darf, und dem Fahrgast kann die ganze Geschichte dank VVS-Einheitstarif ohnehin egal sein.
Letztlich ist es wohl eine politische Entscheidung, die die Stadt Esslingen über kurz oder lang unabhängig vom Betriebsführungsmodell fällen muß. Festhalten am Obus oder nicht (d.h. Abschaffung der Fahrleitung, über die eigentliche Traktion sagt das ja noch nichts aus), oder aber auch Rückbesinnung auf den SPNV. In beiden Fällen ist es aber immer eine Konzessionierungs- und Genehmigungsfrage.
...im Übrigen bin ich der Meinung, daß die U15 in die Nordbahnhof- und Friedhofstraße gehört! (frei nach Marcus Porcius Cato d.Ä.)
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Zunächst ein mal eine Korrektur:
Die Stadt Esslingen will/wollte es um jeden Preis verhindern, dass der SVE zerschlagen wird, deswegen hat man das ganze für private Anbieter auch extrem unattraktiv gemacht, sodass gehofft wurde, dass sich niemand eigenwirtschaftlich bewirbt.
Wenn die Situation eintreten würde, wäre es der selbe Grund, wie in Pforzheim. Hier würde ich schleunigst eine Gesetzesänderung durchsetzen, nämlich, dass eine Eigenerbringung NIE durch private Anbieter untergraben werden darf, egal wie "wirtschaftlich" sie auch sein mögen. Hier hat die Bundesregierung (schwarz-Geld war das!) es mit der Umsetzung der EU-Richtlinie zu genau genommen, denn diese fordert genau das was jetzt eintritt NICHT!
Die Stadt Esslingen würde im Falle der Übernahme durch einen privaten Anbieter (woran ich nicht glaube, da ich nicht denke, dass deren Angebote tragfähig sind), das Oberleitungsnetz übernehmen, und den neuen Anbieter auch verpflichten, dies zu nutzen. Hierbei sind Nutzungsgebühren im Gespräch, die die privaten Anbieter auf jeden Fall davon abhalten sollten, ein eigenwirtschaftliches Angebot abzugeben. Nun ist dies jedoch trotzdem passiert. Der private Anbieter müsste also auf jeden fall die Linien 101,113 und 118 mit O-Bussen betreiben, hierfür Wagenmaterial anschaffen und Nutzungsgebühren für Netz und Strom an den SVE (der dann nur noch die Infrastruktur betriebe) abführen.
Ich denke, letztendlich werden diese privaten Angebote im Regierungspräsidium der Plausibilitätsprüfung nicht standhalten, und das netz kann wie gewünscht per Direktvergabe an den SVE gehen.
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(03. 08. 2016, 20:24)henchen2410_neu schrieb: Wenn die Situation eintreten würde, wäre es der selbe Grund, wie in Pforzheim. Hier würde ich schleunigst eine Gesetzesänderung durchsetzen, nämlich, dass eine Eigenerbringung NIE durch private Anbieter untergraben werden darf, egal wie "wirtschaftlich" sie auch sein mögen. Hier hat die Bundesregierung (schwarz-Geld war das!) es mit der Umsetzung der EU-Richtlinie zu genau genommen, denn diese fordert genau das was jetzt eintritt NICHT!
So ist es, die EU-Regelung fordert das nicht. Ob das PBefG das fordert ist m.E. auch nicht so eindeutig: der Wortlaut gibt das nur her, wenn man die Eigenvergabe auch als Ausschreibung interpretiert. Alles andere stammt nur aus Kommentaren zum PBefG, welche eine Eigenvergabe als Variante einer Ausschreibung interpretieren. Das PBefG spricht in dem Fall aber nicht von einer Ausschreibung.
Daher bin ich gespannt, ob eine solche Sache auch vor Gericht bis zum BVG standhalten würde.
Bisher gab es endgültig nur den Fall Pforzheim, und der ist sowieso als Sonderfall zu behandeln, weil die Stadt das als Eigenvergabe machen wollte, um dann Teile des Verkehrsbetriebs zu privatisieren. Das wäre m.E. in keinem Fall rechtlich haltbar gewesen, und das hätte die Stadt eigentlich wissen müssen.
(03. 08. 2016, 20:24)henchen2410_neu schrieb: Nun ist dies jedoch trotzdem passiert.
Ist es das, oder war es nur eine Ankündigung? Den EZ-Artikel durfte ich nicht lesen ...
Wichtig ist vor allem, dass es von der Stadt einen verbindlichen Nahverkehrsplan gibt. Dieser muß das Angebot festschreiben. Sonst kann ein privater Anbieter ein Angebot auf niedrigerem für ihn noch wirtschaftlichen Bedienungsniveau machen oder nach Betriebsaufnahme das Angebot verschlechtern weil nicht wirtschaftlich darstellbar (ja, das gab es schon). Deswegen wird derzeit ja auch in Stuttgart ein solcher Plan erstellt, und ich habe das Gefühl, dass manche der kommenden Verbesserungen vor allem dazu diesen, den Betrieb der SSB etwas unwirtschaftlicher und somit für andere Betreiber nicht wirtschaftlich betreibbar zu machen.
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(03. 08. 2016, 21:22)dt8.de schrieb: Ist es das, oder war es nur eine Ankündigung? Den EZ-Artikel durfte ich nicht lesen ...
Ja, es gab wohl eine gemeinschaftliche Bewerbung von Fischle und Schlienz. Und man könnte den Artikel in der EZ auch so interpretieren, als ob es zusätzlich noch weitere Angebote gab (aber da bin ich mir unsicher, ob ich das richtig rausgelesen habe)
Am 28.7. war auch ein Bericht in der StZ, Ausgabe Esslingen, dazu ("Verkehrsbetrieb steht auf der Kippe"), hier allerdings ohne Namen.
Viele Grüße
henchen2410
(juhu, mein altes Profil geht wieder)
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Könnte auch sein dass es sich bei einem der weiteren Bewerber um die Bahn AG (RegioBus) handelt. Schließlich haben die ja Pforzheim übernommen und nach der Vergabe an GR Filderexpress haben diese Einspruch erhoben da die sich wohl auch beworben hatten.
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